Die bundesweite und viel diskutierte Corona-Impfpflicht für den Pflege- und Medizinbereich gilt auch in Brandenburg ab dem 16. März. Das Brandenburger Gesundheitsministerium hat jetzt bekanntgegeben, wie diese Impfpflicht hierzulande umgesetzt werden soll. Demnach wird es dazu Übergangsfristen und mehrere Prüfungsschritte geben. Ernsthafte Konsequenzen wie beispielweise ein Betretungs- und Beschäftigungsverbot könnten so frühestens erst im Mai greifen. Ziel soll es laut Land sein, die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. So sollen im ersten Schritt die Arbeitgeber ungeimpftes Personal und eine Lageeinschätzung digital an die Gesundheitsämter melden. Daraufhin folgt eine Prüfung, wie mögliche Lücken geschlossen werden können. Wer ungeimpft ist, wird nach drei Wochen erneut aufgefordert, sich impfen zu lassen. Erst in der letzten Stufe nach rund sechs Wochen droht ein Beschäftigungs- oder Betretungsverbot. Die Vorgaben wurden jetzt an die Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte weitergereicht. Abzuwarten bleibt aktuell, wie stark die Mehrbelastung in den Ämtern ausfallen wird. Laut Landesangaben sind derzeit 88,2 Prozent des betroffenen Personals gegen Corona geimpft. Dennoch gab und gibt es vereinzelt Sorge um möglichen Personalmangel. So schrieb es beispielsweise der Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V. vor rund eineinhalb Wochen in einem offenen Brief (zur Meldung).
Das Brandenburger Gesundheitsministerium teilte dazu mit:
Ab dem 15. März 2022 gilt bundesweit eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Bis dahin müssen sie ihrem Arbeitgeber nachweisen, dass sie gegen COVID-19 vollständig geimpft oder nachweislich genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Nach Paragraph 20a des Infektionsschutzgesetzes müssen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nicht immunisierte Beschäftigte ab dem 16. März den Gesundheitsämtern melden. Nach dem Bundesrecht liegt es im Ermessen der Gesundheitsämter, ob sie in solchen Fällen ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot aussprechen. Damit die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Land Brandenburg konsequent, pragmatisch und einheitlich umgesetzt wird, gleichzeitig aber die gesundheitliche und pflegerische Versorgung gesichert bleibt, hat das Gesundheitsministerium heute eine allgemeine Weisung an die Landkreise und kreisfreien Städte mit Vorgaben zum Verfahrensablauf erlassen. Diese ermessenslenkenden Vorgaben hat das Ministerium in enger Abstimmung mit den Kommunen und Trägern erarbeitet.
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher: „In Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen werden vulnerable Personengruppen versorgt, die ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer SARS-Cov-2-Infektion haben. Diese Personen müssen wir besonders schützen. Dem ist der Bundesgesetzgeber am 10. Dezember 2021 nachgekommen und hat mit großer Mehrheit die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen. Das neue Bundesrecht wirft in der Umsetzung aber zahlreiche Fragen auf. Das Hauptproblem besteht in der unklaren Bestimmung des Ermessensspielraums der Gesundheitsämter. Hier hätten wir uns klarere Vorgaben des Bundes gewünscht. Wir stellen uns dieser Herausforderung aber gemeinsam. Ich danke allen, die an der Umsetzung mitwirken. Klar ist, dass die Sicherstellung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung in allen Regionen oberste Priorität hat. Es ist deshalb eine sehr gute Nachricht, dass die deutliche Mehrzahl der von der Impfpflicht betroffenen Beschäftigten geimpft ist. Außerdem wird sich in den kommenden Wochen die Lage entspannen, da immer weniger Beschäftigte krankheits- oder quarantänebedingt ausfallen.“
In den vergangenen drei Wochen hat das Gesundheitsministerium in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Praktikern die Handlungsvorgaben erarbeitet. In dieser Praktiker-AG arbeiten Vertreterinnen und Vertreter der kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel und Potsdam sowie der Landkreise Dahme-Spreewald und Elbe-Elster für die gesamte kommunale Familie, der Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg, der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg, der Kassenzahnärztliche Vereinigung Land Brandenburg, der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege – Spitzenverbände im Land Brandenburg sowie des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste. Die gemeinsam erarbeiteten Vorgaben wurden mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt, das Ministerium des Innern und für Kommunales wurde beteiligt.
Steffen Scheller, Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel: „Die letzten zwei Jahre haben gezeigt, wie wichtig die enge Abstimmung zwischen Land und Kommunen ist. Deshalb haben wir uns gerne eingebracht. Wichtig ist für die Kommunen, dass es jetzt ein möglichst effizientes und praktikables Verfahren bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gibt, denn die kommunalen Gesundheitsämter sind mit dem seit Wochen sehr hohen Meldeaufkommen bereits stark belastet. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht stellt uns deshalb vor große Herausforderungen, denen wir uns in Umsetzung von § 20a des Infektionsschutzgesetzes zum Schutz von vulnerablen Gruppen aber natürlich stellen werden.“
Stephan Loge, Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald: „Mit der Weisung des Gesundheitsministeriums ist ein wichtiger Schritt für eine einheitliche Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Land Brandenburg getan. Der enge Austausch mit der Praxis bleibt auch in der Umsetzungsphase weiter notwendig. Wir bringen uns hier gern ein. Vor allem muss das vom Land bereitgestellte, digitale Meldeportal als sowohl für die meldepflichtigen Einrichtungen als auch für die Abläufe in den Gesundheitsämtern wichtiger Baustein die Erwartungen erfüllen. Ich appelliere an die Solidarität und verweise auf die Rechtslage bei der Diskussion zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, damit alle Menschen, die täglich um unser Wohl und unsere Gesundheit bemüht sind, sicher ihre kräftezehrende Arbeit verrichten können.“
Nach dem laufenden Impf-Monitoring (regelmäßige Abfrage von Einrichtungen zum Impfstatus) sind im Bereich der Pflege und Eingliederungshilfe landesweit 88,2 Prozent der Beschäftigten vollständig geschützt (zweifach geimpft, genesen oder geboostert; Datenstand: 14.02.2022). Bei der Februar-Abfrage haben von insgesamt 2.471 angeschriebenen Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe 1.844 bzw. 75 Prozent zu 42.629 Beschäftigten Angaben gemacht, von denen 37.585 geschützt sind. Ein Monitoring, wie es in der Pflege und Eingliederungshilfe regelmäßig durchgeführt wird, gibt es für Krankenhäuser und Arztpraxen nicht.
Verfahrensablauf zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach § 20a IfSG im Land Brandenburg
Nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) müssen Personen, die in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen arbeiten, ab dem 15. März 2022 entweder vollständig geimpft oder nachweislich genesene sein.
Zu den betroffenen Einrichtungen gehören zum Beispiel: Krankenhäuser, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Rettungsdienste, voll- oder teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen sowie ambulante Pflegedienste. Auch für Beschäftigte von externen Dienstleistern, die in solchen Einrichtungen regelmäßig tätig sind, gilt die Impflicht. Dazu zählen zum Beispiel Handwerker, medizinische Fußpflege, Friseure oder Freie Mitarbeiter.
Nachweispflicht
Beschäftigte haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens bis zum Ablauf des 15. März 2022 folgenden Nachweis vorzulegen:
- einen Impfnachweis (vollständig geimpft),
- einen Genesenennachweis (Datum der Abnahme des positiven Tests muss mindestens 28 Tage und darf höchstens 90 Tage zurückliegen) oder
- ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.
Meldung von nicht immunisierten Beschäftigter
Wenn dieser Nachweis nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das zuständige kommunale Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten dieser beschäftigten Personen zu übermitteln. Unverzüglich wird mit einer Frist von zwei Wochen bemessen.
Die Einrichtungen und Unternehmen sind verpflichtet, die Daten in Form einer digitalen Portalmeldung an das Gesundheitsamt zu übermitteln. Dafür wird ein „Meldeportal § 20a IfSG“ eingerichtet. Das Gesundheitsministerium wird die Träger der betroffenen Einrichtungen und Unternehmen informieren, sobald dieses digitale Meldeportal zur Verfügung steht.
Gleichzeitig muss die Einrichtungsleitung mögliche Auswirkungen bei Nichteinsatz der beschäftigten Person bewerten. Diese Bewertung muss zusammen mit der Meldung erfolgen.
Aufforderung, einen entsprechenden Nachweis vorzulegen
Grundsätzlich wird das Gesundheitsamt jede gemeldete Person auffordern, innerhalb von drei Wochen einen entsprechenden Nachweis vorzulegen.
Wenn gemeldete Beschäftigte dieser Aufforderung nicht nachkommen, folgt eine erneute Aufforderung bzw. Erinnerung zur Vorlage eines Nachweises. Diese Erinnerung soll ein Angebot einer Impfaufklärung, einer Impfung bzw. eine Vermittlung eines Impftermins sowie eine Aufklärung über die Konsequenzen einer Nichtvorlage des Impfnachweises beinhalten.
Begonnene Impfserien werden berücksichtigt
Bei einer bereits begonnen Impfserie einer beschäftigten Person wird für sechs Wochen kein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot durch das Gesundheitsamt ausgesprochen.
Die Frist bemisst sich ab dem Zeitpunkt der Anzeige durch die beschäftigte Person bei dem Gesundheitsamt. Nach dieser Zeit fordert das Gesundheitsamt die Person auf, über den Verlauf zu berichten bzw. einen Impfnachweis vorzulegen.
Gesundheitsministerin Nonnemacher betont: „Wir wollen gemeinsam erreichen, dass sich noch viele Menschen, die bisher gezögert haben, für eine Impfung entscheiden. Aus diesem Grund droht Beschäftigten, die zwar den vollständigen Impfnachweis noch nicht bis zum 15. März erbringen können, aber stattdessen den Nachweis über eine Erstimpfung oder einen bestätigten Erstimpfungstermin bringen, zunächst keine Konsequenzen. Ihnen wird die notwendige Zeit gemäß dem empfohlenen Impfschema für die zweite Impfung eingeräumt.“
Vor diesem Hintergrund werden auch Beschäftigte, die von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen sind, zuerst die Möglichkeit bekommen, sich mit dem neuen Impfstoff von Novavax impfen zu lassen. Dafür hat das Gesundheitsministerium einen Vordruck für eine Arbeitgeberbescheinigung zur Bestätigung der Impfpflicht auf dem Impfportal zum Download veröffentlicht (https://brandenburg-impft.de/bb-impft/de/downloads/). Das Land erwartet die erste Impfstofflieferung im Laufe der nächsten Woche. Ein genauer Liefertermin ist allerdings noch nicht bekannt.
Prüfung der Versorgungsgefährdung
Parallel zur Aufforderung, innerhalb von drei Wochen einen Nachweis vorzulegen, soll das Gesundheitsamt die Versorgungsgefährdung prüfen. Die Versorgungsgefährdung bemisst sich nach dem jeweiligen gesundheitlichen oder pflegerischen Bedarf des Landkreises oder der kreisfreien Stadt. Dabei sollen Gesundheitsämter prioritär Meldungen von Krankenhäusern und stationären Einrichtungen der Pflege sowie der stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe prüfen. Die Krankenhausplanung ist sowohl in der Grund- Regel-, Fach und Schwerpunktversorgung bedarfsgerecht vom Land erfolgt, so dass der Ausfall jedes einzelnen Krankenhausbereiches die Versorgungssicherheit gefährdet. Im Bereich der Pflege und Eingliederungshilfe obliegt die Einschätzung zur Gefährdung der Versorgungssicherheit dem jeweiligen Landkreis bzw. der jeweiligen kreisfreien Stadt. Im Falle von Arztpraxen und Zahnarztpraxen sollen die Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigung Auskunft erteilen, ob der Ausfall einer Praxis kompensiert werden kann oder eine Gefährdung der Versorgungssicherheit vorliegt.
Falls eine Versorgungseinschränkung besteht
Falls die Prüfung ergibt, dass durch den Ausfall der gemeldeten Person die Versorgungssicherheit gefährdet ist, muss das Gesundheitsamt unmittelbar die Einrichtung darüber informieren, dass für die Zeit von sechs Wochen kein Verfahren zum Betretungs- oder Tätigkeitsverbot gegen die beschäftigte Person eingeleitet wird. Die Einrichtung hat dann entsprechend Zeit, um geeignete Maßnahmen umzusetzen, damit die Versorgungssicherheit nach den sechs Wochen gewährleistet werden kann. Zum Beispiel durch Neueinstellungen von geimpften Personen. Nach Ablauf dieser sechs Wochen muss eine erneute unaufgeforderte Einschätzung der Einrichtung zu den Auswirkungen mit einer detaillierten Begründung erfolgen. In der Regel erfolgt kein weiterer Aufschub.
Betretungs- oder Tätigkeitsverbotes
Nach § 20a Absatz 5 IfSG kann das Gesundheitsamt einer Person, die trotz der Anforderung keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt, untersagen, dass sie die Einrichtung betritt oder in einer solchen Einrichtung tätig wird. Für diesen Ermessungsspielraum gibt das Gesundheitsministerium mit der Weisung den Gesundheitsämtern klare Vorgaben. Danach sollen die Gesundheitsämter ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot anordnen, wenn eine Person allen genannten Aufforderungen nicht nachkommt. Wichtig: Ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot stellt die letzte Stufe des Verfahrens dar. Das hat die Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar 2022 so auch noch mal ausdrücklich beschlossen.
Klarstellung
Eine Verpflichtung, ungeimpfte Beschäftigte unmittelbar am 15. März 2022 freizustellen, haben Arbeitgeber nach § 20a IfSG nicht.
Solange das Verfahren zum Tätigkeitsverbot noch nicht abgeschlossen ist, dürfen betroffene Beschäftigte grundsätzlich weiter in den Einrichtungen arbeiten.
Handreichung des Bundesgesundheitsministeriums
Weitere Informationen enthält die „Handreichung zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“ des Bundesgesundheitsministeriums.
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Red. / Presseinformation