Die Gewerkschaft IG Bau Südbrandenburg fordert von der neuen Bundesregierung, die Rente ab Herbst anzupacken und auf neue Füße zu stellen. Der Bau gehöre laut der Gewerkschaft zu den Branchen mit einem Spitzenpensum bei der Arbeitszeit. Wie die IG Bau weiter mitteilte, müssen Bauarbeiter im Schnitt vor 59 in Rente gehen, da sie körperlich einfach Jahre früher am Ende sind. Die IG BAU appelliert deshalb, einen kritischen Blick in die Wahlprogramme der Parteien zu werfen. Im Landkreis Spree-Neiße arbeiten Bauarbeiter rund 1.486 Stunden im Jahr und damit sogar etwa 146 Stunden pro Kopf mehr.
Die IG Bau Südbrandenburg teilte dazu mit:
Bauarbeiter leisten „Spitzen-Arbeitspensum“: Pro Kopf arbeiten Baubeschäftigte im Landkreis Spree-Neiße im Schnitt 1.486 Stunden im Jahr. Das sind 115 Stunden und damit 8,4 Prozent mehr als Beschäftigte im Kreis Spree-Neiße quer durch alle Berufe durchschnittlich bei der Arbeit verbringen. Darauf hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt hingewiesen. Die IG BAU Südbrandenburg beruft sich dabei auf den aktuellen Arbeitsmarkt-Monitor des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Wissenschaftler haben darin eine Arbeitszeitanalyse für 2019 – dem Jahr vor der Corona-Pandemie – gemacht.
„Der Bau gehört demnach zu den Branchen mit einem Spitzenpensum bei der Arbeitszeit“, sagt Regina Grüneberg. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Südbrandenburg geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitsstunden, die Bauarbeiter leisten, aktuell eher sogar noch zugenommen hat: „In der Pandemie hat es einen enormen Auftragsstau im Baugewerbe gegeben. Für viele Baubeschäftigte sind Überstunden ohnehin an der Tagesordnung.“
Der Arbeitsmarkt-Monitor des WSI liefert auch den Vergleich mit dem öffentlichen Dienst, dem Erziehungsbereich und dem Gesundheitssektor: Demnach werden auf dem Bau im Landkreis Spree-Neiße sogar 146 Stunden pro Kopf im Jahr mehr gearbeitet als in diesen Branchen. „Das liegt vor allem daran, dass auf dem Bau gilt: entweder ganz oder gar nicht. Vollzeit plus Überstunden – das ist die Regel: Den ‚Halbtagsmaurer‘ gibt es nicht. Bei oft langen Anfahrten zur Baustelle von 60 Kilometern und mehr funktioniert kein Teilzeitmodell“, so Regina Grüneberg.
Das bedeute, dass Baubeschäftigte „enorm lange und enorm hart am Stück arbeiten“. Die körperliche Belastung im Laufe eines Berufslebens sei auf dem Bau gewaltig: „Kaum ein Dachdecker schafft es bis zur Rente. Nur jeder Zehnte arbeitet noch zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr. Im Schnitt müssen Bauarbeiter vor 59 in Rente gehen, obwohl sie eigentlich bis 67 durchhalten müssten. Sie sind körperlich einfach Jahre früher am Ende und müssen dann zum Teil starke Abstriche bei der Rente in Kauf nehmen“, sagt Regina Grüneberg von der IG BAU Südbrandenburg.
Zur geringeren Rente komme dann auch noch eine geringere Lebenserwartung. Bei Männern sei dies besonders drastisch. So lebe ein Beamter statistisch zum Beispiel 5,6 Jahre länger als ein Arbeiter. Entsprechend länger bekomme er auch seine Pension. Das gehe aus einer aktuellen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. „Hart arbeiten und dann am Ende für eine kürzere Zeit weniger Rente bekommen – damit muss Schluss sein“, fordert Regina Grüneberg.
„Der Bau im Landkreis Spree-Neiße ist typisch für das hohe Pensum an Arbeitsstunden, das im Baugewerbe geleistet wird. Wer mehr und härter arbeitet, sollte am Ende allerdings auch eine höhere Rente bekommen als heute. Die neue Bundesregierung muss deshalb die Rente ab Herbst anpacken und auf neue Füße stellen: Wir müssen endlich Altersarmut effektiver verhindern. Und auch eine geringere Lebenserwartung muss ausgeglichen werden“, fordert der Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger. Er spricht sich für eine „grundlegende Rentenreform“ aus: „Bei der Rente muss die Reset-Taste gedrückt werden. Notwendig ist eine Rentenkasse, in die alle einzahlen – Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Beamte, Parlamentarier und Minister: der Polier genauso wie die Professorin und der Politiker.“
Damit das passiere, sei eine Botschaft wichtig: „Eine sichere und gute Rente kann man wählen“, so Feiger. Der IG BAU-Chef appelliert deshalb, „einen kritischen Blick in die Wahlprogramme der Parteien zu werfen und genau zuzuhören, was von denen kommt, die in den Bundestag und ins Kanzleramt wollen“. Die Ziele der Parteien zur Rente seien sehr unterschiedlich. Die Gewerkschaft hat deshalb jetzt einen „Lockruf in die Wahlkabine“ gemacht – Wahl-Clips mit der Aufforderung: „… iXen gehen!“. Es sind Film-Spots mit skurrilen Szenen und kuriosen Charaktertypen – wie dem „Marathon-Schufter“ auf einer Baustelle, der mit 78 Jahren noch Säcke auf dem Bau schleppen muss. Dazu der Kommentar: „Deutschland, deine Rentner. Solange sie noch atmen, sollen sie auch arbeiten.“
Die IG BAU macht damit einen „Weckruf zur Wahl“: „Es geht darum, die Probleme, die den Menschen auf den Nägeln brennen, klar auf den Punkt zu bringen – mit einem Augenzwinkern. Ob per Briefwahl am Küchentisch oder am 26. September in der Wahlkabine: Wichtig ist, dass die Menschen wählen gehen“, sagt der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger.
Heute in der Lausitz! Unser täglicher Newsüberblick
Alle aktuellen Meldungen, Videos und Postings haben wir in einer Übersicht zusammengefasst.
->> Weiterlesen
Red. / Presseinfo
Bild: IG Bau