Das Projektteam INKULA hat zur Abschlusskonferenz den Bürgermeistern und Amtsdirektoren offiziell die Konzeptionen zur Fortführung der Industriekulturstandorte übergeben. Dabei bleibt es nicht bei den Ideen: Einige Konzepte befinden sich bereits in der Umsetzung für andere laufen die Fördermittelanträge. Unter dem Projektnamen INKULA arbeitete in den letzten drei Jahren ein Team daran über infrastrukturelle Maßnahmen Industriekulturstandorte des Lausitzer Seenlandes aufzuwerten. Wie wichtig ist Industriekultur heute noch für die Identität der Lausitz? Wie können die Standorte der Industriekultur im Lausitzer Seenland weiterentwickelt werden? Welche Rolle spielen sie im anstehenden Strukturwandel? Diesen Fragen ging das IBA-Studierhaus Großräschen in Kooperation mit der Wirtschaftsregion Lausitz und in Zusammenarbeit mit sechs Städten und Gemeinden über drei Jahre nach. Es wurden die Potenziale der Industriekultur im Lausitzer Seenland analysiert, nach deren weiteren Entwicklungsmöglichkeiten gesucht und darauf basierend maßgeschneiderte Konzepte für die jeweilige infrastrukturelle Nutzung und -Fortführung erarbeitet.
Im Rahmen des vom brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung und der Wirtschaftsregion Lausitz maßgeblich finanziell unterstützten Projektes INKULA, konnten sechs Industriekulturstandorte mit deren Umfeld und kommunaler Einbindung genauer betrachtet werden.
Nach einer intensiven Evaluierung hat das IBA-Studierhaus konkrete Vorschläge zur Belebung sowie einer dauerhaften Nutzung erarbeitet. Dabei wurden innovative Methoden von der Stilllegung, dem Weiter-So bis zur intensiveren Weiterentwicklung auch ökonomisch in verschiedenen Zukunftsszenarien durchgespielt. Im Rahmen von ergebnisoffenen Betrachtungen zeichneten sich besonders drei Standorte ab, bei denen eine praktische Umsetzung erfolgversprechend ist. Hier werden Investitionen empfohlen, die eine künftig intensivere Nutzung und wirtschaftliche Betreibung von Einrichtungen ermöglichen. Neben kulturellen bzw. touristischen Ansätzen wurde auch über Ansiedlung von neuem und thematisch passenden sowie den Ort qualifizierenden Gewerbe intensiv nachgedacht.
Dies betrifft das Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld-Schacksdorf, welches weit über die Region hinaus Strahlkraft als Identifikation der Lausitz darstellt und pro Jahr bis zu 70.000 Besucher anzieht. Außerdem die IBA-Terrassen in Großräschen, die als innovative Werkstatt für neue Landschaften identifiziert wurde. An diesem Ort soll zukünftig ein „Co-Working-Space“ entstehen von dem Impulse im Strukturwandel der Lausitz ausgehen. Auch für die Brikettfabrik LOUISE in Domsdorf mit knapp 10.000 Besuchern pro Jahr wurde ein Entwicklungskonzept erarbeitet. Der Standort hat Potenzial, sich mit den Schwerpunktfeldern ENERGIE-Hof (Landschaftspflege und -verwertung) und ENERGIE-Bildung (verschiedene Bildungsformate) zu einem Transformationszentrum für neue Energien zu entwickeln. So wird das ENERGIE-Denkmal über den rein touristischen Zweck hinaus zu einem neuen Gewerbestandort, an dem der Weg von der Braun- zur Biokohle umgesetzt, präsentiert und gelernt wird.
Demgegenüber wurde im INKULA-Prozess für drei weitere Standorte eine extensive Strategie vorgeschlagen. Es sind einerseits wertvolle Denkmale, deren Existenzberechtigung und Erhalt außer Frage steht. Andererseits ist offensichtlich, dass die Informationsvermittlung vor Ort kaum zukunftsfähig und die Erlebnisintensität verbesserungswürdig sind. Für die Gartenstadt Marga sowie die Biotürme in Lauchhammer sind kurz- bis mittelfristig selbsterklärende Besucherleitsysteme angedacht, welche gleichzeitig den Informations- und Erlebnisgehalt vor Ort steigern. Dafür wurden Konzepte für selbsterklärende Erlebnisrundgänge erarbeitet, welche schnellstmöglich zu einer Umsetzung gebracht werden sollen. Mit Informations-Fernrohren und Audiostationen können wichtige Informationen vermittelt werden, die das Gelände sowie die Historie spielerisch und modern erklären.
Für das Kraftwerk Plessa, wo mit viel ehrenamtlichem Engagement des Fördervereins Führungen angeboten werden, ist ein Multimediaguide zur Unterstützung der Gästeführer für eine zukünftig flexible und moderne Standortentdeckung realisiert.
„Mit Hilfe dieser Projektmaßnahme wurde das Ziel erreicht, die spezifischen infrastrukturellen Rahmenbedingungen eines jeden Standortes zu identifizieren, Synergieeffekte zwischen den Standorten aufzudecken und somit zur Verbesserung der Gesamtqualität der Erlebnisfähigkeit der Industriekultur in der Lausitz beizutragen.“, sagt Norman Müller von der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH.
Insgesamt zeigte sich, dass durch die ehemalige Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land im Jahre 2000 – 2010 ein identitätsstiftender Zusammenhang an Orten der Industriekultur entstanden ist. Durch die ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur sind die Orte gut vernetzt und geben Einblick in die industrielle Vergangenheit. Diese Verbundenheit spiegelt sich mit dem INKULA-Projekt wieder. Der gut aufgearbeitete IBA-Wissensspeicher hält zudem viel interessantes Quellenmaterial für weitere Projekte, Fachtagungen sowie themenspezifische Weiterbildungen bereit.
Die Lausitzer Industriekultur zeigt die große Bandbreite und Palette des ehemaligen Braunkohlereviers – von der Gewinnung der Braunkohle (F60) über die Veredlung zu Koks (Biotürme), zu Elektrizität (Kraftwerk Plessa) bzw. zu Briketts (Brikettfabrik LOUISE), bis hin zu den Wohnstandorten der Bergleute (Gartenstadt Marga) und den Landschaften nach dem Tagebau (IBA-Terrassen).
Foto: Detlef Attila Hecht