Eine Finsterwalder Landmarke feiert Geburtstag: Vor 90 Jahren erlebte das Märchenhaus in der Hebbelstraße seine Einweihung. Damit hinterließ nicht nur das 1919 gegründete Bauhaus Spuren in der Sängerstadt. Das Märchenhaus steht gleichzeitig für das Bestreben der Finsterwalder Stadtväter, modernen Wohnraum zu schaffen. Nicht zuletzt haben die Ziegelreliefs des Hauses mit den Darstellungen Grimm’scher Märchen Generationen Finsterwalder Kinder geprägt und begleitet. Dieses besondere Wohnhaus wird 90 Jahre nach seiner Einweihung in einer Ausstellung des Sänger- und Kaufmannsmuseums Finsterwalde gewürdigt. Aufmerksame Beobachter werden auf die Jahreszahl 1928 über der Eingangstür verweisen – diese bezieht sich auf den Baubeginn.
Vor 100 Jahren fanden die neuen Formen des damals begründeten Bauhauses recht schnell nach Finsterwalde. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entstanden in der Stadt eine ganze Reihe von Wohn- und Geschäftshäusern in bemerkenswerter Qualität, die der Moderne zuzurechnen sind. Dazu zählt die vom Architekten Willi Ludewig geplante Gewoba-Siedlung in der Friedenstraße ebenso wie sein Konsum-Haus am Wasserturm. Einen noch größeren Einfluss auf das moderne Finsterwalder Stadtbild hatte der 1886 in Dortmund geborene Architekt Karl Dassel, der Anfang 1928 das Amt des Stadtbaurates übernahm. Neben der Planung und Leitung der städtischen Bauten und die damit verbundenen Auswahl der Architekten steht ein eigenes Schaffen. Am präsentesten ist sicherlich das an der Friedrich-Hebbel-Straße gelegene Märchenhaus, das Wohnraum für 24 Familien bot. Die aus einzelnen handgeformten Ziegeln bestehenden plastischen Bilder stammen von den Dresdner Künstlern Ernst Born, Paul Wachs und Paul Lindau. Aufwändig zeigt sich aber nicht nur die Fassade. Der Zuschnitt und die Ausstattung der Wohnungen waren damals so vorbildlich, dass die Wohnungen noch heute begehrt sind.
Vorgestellt wird das Haus in Aufnahmen des Finsterwalder Fotografen Jürgen Vetter. Die aus naher Distanz aufgenommenen Bilder ermöglichen eine völlig neue Sicht auf die Märchenreliefs und eine konzentrierte Auseinandersetzung mit Details. Vetters Aufnahmen finden sich zudem in einem von Dr. Rainer Ernst verfassten und herausgegebenen Buch, in dem er auch auf die Geschichte des Hauses, das Wirken seines Architekten Karl Dassel und natürlich auch auf die in Ziegel verewigten Märchen eingeht. Der Band „Ein märchenhaftes Haus – Märchen und Geschichten des Finsterwalder Märchenhauses“ präsentiert auf 160 Seiten etwa 100 Abbildungen und einen Orientierungsplan zu den Reliefs und den dargestellten Märchen. Zum Preis von 19,29 Euro ist es ab dem 29. März im Buchladen Mayer und im Museum erhältlich.
Die Sonderausstellung „Ein märchenhaftes Haus. Finsterwaldes schönstes Gebäude” wird am 28. März, um 18.00 Uhr, im Sänger- und Kaufmannsmuseum Finsterwalde eröffnet. Das Buch wird im Rahmen der Ausstellungseröffnung im Beisein des Fotografen von Dr. Rainer Ernst vorgestellt. Mit einem Vortrag zum Märchenhaus und dem Architekten Karl Dassel führt Dr. Rainer Ernst in die Ausstellung ein. Freunde des Museums und des Märchenhauses sind herzlich zur Eröffnung eingeladen. Der Eintritt zur Buchpräsentation und zum Vortrag ist frei. Danach ist die Präsentation bis zum 30. Juni im Finsterwalder Museum zu sehen.