Es ist der große Halbzeittag beim 28. Cottbuser Filmfestival und der hat es in sich. Besucher, Kinofans und Filmexperten können am heutigen Festivaltag die riesige Bandbreite des osteuropäischen Films erleben, denn neben den seit Dienstag laufenden Sektionen gibt es heute zusätzlich beeindruckende Fulldome-Filme im Planetarium zu sehen. Zudem steht die lange Nacht der kurzen Filme im Filmtheater Weltspiegel auf dem Programm. Unser heutiger FILMTIPP kommt im Doppelpack und berichtet in ehrlichen Bildern über die Arbeit der Steinkohlearbeiter Osteuropas: „DIE LETZTE SCHICHT VON TOMÁŠ HISEM „ und „ DIE KOHLEGRUBE“.
Zu sehen gibt es die beiden Filme heute um 17 Uhr im Obenkino Cottbus.
DIE LETZTE SCHICHT VON TOMÁŠ HISEM von Jindřich Andrš
Tschechische Republik
Ein einziger Lichtstrahl zerteilt das Dunkel unter Tage, die Lampe am Helm von Tomáš Hisem. Ein letztes Mal vor der Zechenschließung in zwei Tagen ist der Bergmann mit dem Förderkorb in die Tiefe gerast, diesmal hat er heimlich eine Helmkamera dabei.
Tomáš Hisem selbst sehen die Zuschauer nie, dafür aber alles, worauf sein Blick fällt: endlose metallverstrebte Gänge, die Grubenbahn, die kaputte Fördermaschine. Manchmal kommen auch Kollegen ins Bild, wenn Hisem mit ihrer Hilfe versucht, die Maschine wieder in Gang zu setzen. Zu hören ist der schlesische Bergmann die ganze Zeit, wenn er die Arbeit unter Tage erklärt oder wenn er mal wieder heftig flucht. Dass das Filmteam um Jindřich Andrš von der Zeche keine Drehgenehmigung erhielt, erwies sich letztlich als Glücksfall. So authentische Bilder der Schufterei unter Tage sind selten. CF
DIE KOHLEGRUBE von Maria Zmarz-Koczanowicz
Polen
Der Film beginnt mit einer Widmung an Irena Kamieńska. Aber wer war die Frau? Sie war eine große Dokumentaristin der Arbeit in der Zeit des realexistierenden Sozialismus, die aus den malochenden Frauen Ikonen der Arbeit geschmiedet hat.
Eine der vielen maroden Minen in Oberschlesien. Drei Frauen arbeiten in der Nachtschicht, zuständig für die Reinigung der Verladeanlage der Steinkohle. Der kleinen Belegschaft stehen die baldige Zusammenlegung mit der benachbarten Mine und der befürchtete Stellenabbau bevor. Die Arbeit ist äußerst hart und die Arbeitsstätte an der Grenze des Erträglichen: Dreckige Umkleideräume, stinkende Klos, lärmende Maschinen. Schippen, Schaufeln und Besen wirbeln Staub auf, in der Pause werden Schnitten verzehrt, über das Leben geplaudert und mit einer Prise Humor das Ganze erträglicher gemacht – und dann wieder Kohlereste beseitigt. Nacht ein, Nacht aus. KM
red/ffc
Bild: FAMU