Der Ausbau der Lausitzer Infrastruktur scheint vorerst weiter auf der Strecke zu bleiben. Obwohl die Strukturkommission des Bundes angesichts des Strukturwandels dringenden Handlungsbedarf sieht, hat das Bundesverkehrsministerium zentrale Bahnprojekte in der Lausitz vorerst nicht priorisiert. So werden keine Elektrifizierungen und auch kein Ausbau von Bahnstrecken anvisiert. Die Hoffnungen liegen nun auf ein weiteres Sonderprogramm des Bundes.
Sowohl der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Cottbus-Lübbenau als auch die Elektrifizierung der Strecken Cottbus-Görlitz und Cottbus-Forst haben es nicht in die Top-Kategorie des Bundesverkehrswegeplans (vordringlicher Bedarf) 2030 geschafft. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat seine Schienenprojekte in Berlin vorgestellt, die bis 2030 realisiert werden sollen. Die Reaktionen aus der regionalen Wirtschaft und Politik fallen dementsprechend aus. Die Hoffnungen liegen jetzt auf einem neuen Sonderprogramm des Bundes zur Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken, das der Haushaltsausschuss des Bundes morgen einbringen will.
Reaktionen aus der regionalen Wirtschaft und Politik:
Oberbürgermeister von Cottbus, Holger Kelch:. „Dass der Gleisausbau von Lübbenau nach Cottbus nicht einmal auf der Agenda steht, zeigt wiederholt, dass die Entwicklung der Lausitz vernachlässigt wird. Das ist nicht tragbar und ganz klar ein falsches Zeichen an mögliche Investoren und die Bürgerinnen und Bürger, die hier leben und arbeiten. Tausende qualifizierte Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren aus dem Braunkohlesektor verloren gehen. Wenn da die Notwendigkeit einer Modernisierung und Erweiterung der Infrastruktur sowie die Anbindung an die Ballungszentren Berlin und Leipzig sowie Prag und Breslau nicht erkannt wird, kann der Strukturwandel nicht erfolgreich gestaltet werden. In Cottbus und die Lausitz muss investiert werden, sonst steht die Wirtschaftskraft einer ganzen Region in Frage. Daher wiederhole ich mich erneut: Die Lausitz braucht ein gesondertes Bundesprogramm, dass den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes fördert”.
IHK Cottbus: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus bedauert die Entscheidung des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer, drei angemeldete Lausitzer Schienenprojekte nicht in den Status „vordringlichen Bedarf“ aufzunehmen. Dieser Status hätte den Projekten eine hohe Dringlichkeit gegeben und somit eine Realisierung bis 2030 sichergestellt. „Ein erfolgreicher Strukturwandel in der Lausitz setzt gut ausgebaute Infrastrukturen voraus. Dazu gehören auch schnelle Eisenbahnverbindungen nach Berlin, Görlitz, Dresden, Leipzig und ins polnische Breslau. Wir setzen uns dafür ein, über das Elektrifizierungsprogramm des Bundes eine Hintertür offen zu halten“, so Jens Krause, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Bereichsleiter Verkehr der IHK Cottbus.
CDU-Bundestagsabgeordneter Klaus-Peter Schulze: Die Bahnstrecken Cottbus – Görlitz und Cottbus – Forst steigen im Bundesverkehrswegeplan nicht in den Vordringlichen Bedarf auf. Damit wird eine Elektrifizierung dieser beiden Bahnstrecken unwahrscheinlicher. Der Lausitzer Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Schulze kritisiert, dass bei der vorgenommenen Bewertung die anstehenden strukturellen Herausforderungen stärker hätten berücksichtigt werden müssen. „Wenn es der Bund mit einer Strukturentwicklung in den Braunkohleregionen ernst meint, dann müssen gerade solche infrastrukturellen Maßnahmen prioritär behandelt werden“, so Schulze.Der CDU-Bundestagsabgeordnete hält zudem die Möglichkeit einer Aufnahme der Strecken in das noch nicht beschlossene Elektrifizierungsprogramm des Bundes für keine Erfolgsmeldung. „Es bleibt abzuwarten, nach welchen Kriterien eine Förderung von Bahnstrecken erfolgen soll und ob das Programm finanziell ausreichend unterlegt ist, damit auch die Lausitzer Bahnstrecken gefördert werden können“, so Schulze.
Grünen-Bundestagsabgeordnete Annalena Barbock vorab: …Vielmehr überraschend ist, dass die Elektrifizierung der Strecke Cottbus – Görlitz nicht in den “vordringlichen Bedarf” aufsteigen soll. Damit lässt Andreas Scheuer als Mitglied der Bundesregierung die Arbeit der Kohlekommission ins Leere laufen. Die Kohlekommission empfiehlt Milliardeninvestitionen in bessere Verkehrsverbindungen und einen “Revierbonus”, der Infrastrukturprojekte beschleunigen und befördern soll, die beim Strukturwandel helfen. Das alles konterkariert der Verkehrsminister. Ich fordere Andreas Scheuer auf, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. “
FDP Brandenburg : „Dass für zwei für die Lausitz zentrale Projekte hingegen kein besonderer Bedarf gesehen wird, ist vollkommen unverständlich und unterstreicht einmal mehr, dass der Verkehrsminister aus Bayern keinen gesamtdeutschen Blick auf die Infrastruktur hat.“, kritisiert FDP-Landeschef Axel Graf Bülow. Konkret ist den beiden für die Elektrifizierung angemeldeten Strecken Cottbus-Görlitz sowie Cottbus-Forst bis zur Grenze erneut kein vorrangiger Bedarf attestiert worden – entgegen der Aussagen der Strukturkommission, die in ihrem Zwischenbericht deutliche Infrastrukturinvestitionen angeregt hatte. Auch die Zweigleisigkeit zwischen Cottbus und Lübbenau wird nach wie vor nicht als prioritär gewertet. „Ich erwarte, dass hier deutlich nachgebessert wird. Die Transformation einer Energieregion ist ohne gescheite Verkehrsverbindungen undenkbar. Im Zweifel müssen die Regierungschefs im Bund und den Ländern ein Machtwort sprechen. Andernfalls verkommt die Arbeit der Kommission für die Lausitz zur Schauveranstaltung.“, so Bülow weiter.
red/pm