Die Kommission für Wachstum, Strukturentwicklung und Beschäftigung, kurz Kohlekommission hat sich am Donnerstag auf einen Zwischenbericht verständigt. Dieser wurde einstimmig von allen stimmberechtigten Mitgliedern beschlossen. Er enthält kein Kohleausstiegsdatum, sondern zu allererst Maßnahmen, wie die drei Braunkohlereviere während des Ausstiegs aus der Braunkohle mit begleitenden Investitionsmaßnahmen in Schienen-, Straßen- und Seewegsinfrastruktur, Breitbandversorgung, Ansiedlung von wissenschaftlichen Instituten, Behörden und Industrie aufgefangen werden sollen, ohne Strukturbrüche herbeizuführen.
Der Bericht umfasst 39 Seiten und geht auf Klimaschutz im allgemeinen und konkrete Maßnahmen in den drei deutschen Braunkohlerevieren, dem Mitteldeutschen Revier, dem rheinischen Revier und dem Lausitzer Revier ein.
Dabei wird klargestellt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der bis Dezember zu treffenden Entscheidung des Zeitpunkts für den Braunkohleausstieg und strukturentwickelnden Maßnahmen gibt. Die Ziele wurden klar umrissen:
- Keine Strukturbrüche
- keine betriebsbedingten Kündigungen
- bestehende Wertschöpfungsketten erhalten
- Auf Besonderheiten der Regionen achten
- Finanzielle Absicherung garantieren
„Es muss das Ziel sein, für die sinkende beziehungsweise wegfallende Wertschöpfung aus der Kohle adäquaten Ersatz bei Wertschöpfung und Beschäftigung in den Revieren zu schaffen.“ heißt es in dem Bericht. Weiter heißt es, dass die Maßnahmen weitgehend unabhängig von kurzfristigen Entscheidungen abgesichert werden müssen.
Konkret wird es auf den folgenden Seiten. Bereits jetzt hat der Bund bis zum Ende der jetztigen Wahlperiode 1,5 Milliarden Euro für die drei Reviere in Aussicht gestellt, um den Strukturwandel zu begleiten. Das Geld soll als eine Art Sofortprogramm nutzbar sein, heißt es im Handelsblatt. “Das ist nur ein erster Schritt” heißt es in den Papieren. Weitere Fördermaßnahmen sollten auf die nächsten Jahrzehnte ausgelegt und für die betroffenen Reviere vereinfacht werden, um lange Prüfprozesse zu vermeiden. Dafür wird ein “Revierbonus” eingeführt um geplante Maßnahmen zügig umsetzen zu können. Darüber hinaus ist vorgesehen, Kommunen von Eigenanteilen an Finanzierungen zu befreien. Hier ist ein ähnliches Vorgehen wie bei den Projekten zur Deutschen Einheit, mit nur einer Klagemöglichkeit bei zum Beispiel Schienen- und Straßenprojekten vorgesehen.
Der Bericht stellt auch fest, dass alle drei Reviere einen im deutschlandweiten Vergleich, unterdurchschnittlich ausgeprägten Industrialisierungsgrad haben und stark von der Energiewirtschaft abhängig sind. Auch der Anteil an wissenschaftlichen Einrichtungen ist in den Braunkohlegebieten unterdurchschnittlich. Die Lausitz wird im Bericht als besonders betroffen dargestellt, da sich der Anteil der Arbeitsplätze in der Braunkohle auf 2,0% der Gesamtbeschäftigten in der Region beläuft, im mitteldeutschen Revier sind es 0,3 und im Rheinland 1,2 Prozent. Hier wurden Defizite bei der Infrastruktur ausgemacht, um Ansiedlungen zu ermöglichen. Auch die schnelle Alterung in der Region, insbesondere durch Abwanderung von jungen Menschen wirke sich negativ auf die künftige Entwicklung aus. Daher soll ein Teil der zur Verfügung stehenden Mittel für zivilgesellschaftliches Engagement, Sicherung der Lebensqualität und weiche Standortfaktoren verwendet werden.
In dem Punkt setzen auch die Empfehlungen der Kommission an. Sie empfiehlt eine bessere Anbindung an die Metropolräume Berlin, Leipzig und Dresden. Konkret werden der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Berlin – Cottbus, die Elektrifizierung der Strecke Cottbus – Görlitz, sowie eine Verbesserung und Beschleunigung der Strecken Cottbus – Dresden, Cottbus – Leipzig und Dresden – Görlitz genannt. Auch ein Ausbau der A13 zwischen Berlin und Dresden soll priorisiert werden, genau wie der Ausbau der Straßenverbindung von Leipzig nach Cottbus mit einer neuen Straße. Erste Maßnahmen sollen bereits 2019 umgesetzt werden. Bei der digitalen Infrastruktur soll in der Lausitz eine Modellregion für 5G eingerichtet werden, um dadurch die Standorte attraktiver für Unternehmensansiedlungen zu machen.
Der Ausbau des Wissenschaftsstandorts ist ebenfalls ein wichtiger Punkt für künftige Beschäftigung und Forschung. Hier wird konkret die BTU Cottbus-Senftenberg mit der Ansiedlung eines Fraunhofer-Instituts für Speicherforschung und der Ausbau des Helmholtz-Instituts in Görlitz genannt. Weiterhin soll es eine Selbstverpflichtung des Bundes geben, künftig Bundesbehörden in den betroffenen Regionen anzusiedeln. Hier sind das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik oder das Bundesverwaltungsamt im Gespräch, aber auch Bundespolizeiakademien wären möglich.
Weiterhin schlägt die Kommission den Bau von Gaskraftwerken an bisherigen Standorten wie Jänschwalde, Boxberg oder Schwarze Pumpe vor, um die Stromproduktion zu kompensieren, sowie den weiteren Ausbau von Wind- und Photovoltaikanlagen, da die Stromtrassen schon vorhanden sind und wichtige Übertragungsverbindungen aus dem Osten in den Süden vor Kurzem in Betrieb genommen wurden. So könne die Lausitz eine Energieregion bleiben. Die Umwaldung von Ökostrom in Wasserstoff wird als ein großes Potential gesehen und vorhandene Chemiestandorte wie der Industriepark Schwarze Pumpe und das mitteldeutsche Gebiet in Leuna als mögliche Standorte für industrielle Anwendungen genannt.
Bis zum 11.Dezember 2018 soll auch ein Kohleausstiegsdatum feststehen, mit den genannten Begleitmaßnahmen, die nun konkretisiert wurden.