Die BTU Cottbus-Senftenberg hat für die Radsportler vom LKT Team Brandenburg ein maßgeschneidertes Bahnrad-Cockpit entwickelt und produziert. Bei den Weltcup-Rennen im Herbst wollen die Radprofis erstmalig damit angreifen
Wenn Zehntelsekunden über Sieg und Niederlage entscheiden, wird an allen möglichen Stellschrauben gedreht, um den Athleten schneller zu machen – so auch im Radsport. Mit Heiko Salzwedel kam im Frühjahr eine Koryphäe in dieser Sportart zurück nach Cottbus. Ob Russland, Dänemark, Australien oder zuletzt Großbritannien, unter seiner Regie haben Radprofis zahlreiche Medaillen gewonnen und Weltrekorde aufgestellt. Mit ihm als Trainer kommt viel Wissen nach Cottbus – und zugleich viele Wünsche. „Er ist es gewohnt mit dem besten Material zu arbeiten. Beim sogenannten Cockpit, das sich aus Lenker, Vorbau, Armschalen, Extensions und Verbindungskomponenten zusammensetzt, war er mit dem, was es auf dem Markt gibt nicht zufrieden. Die Geometrien und Maße, die die Fahrer benötigen, um eine optimale Position einzunehmen, sind derzeit nicht verfügbar. So führte ihn sein Weg an die BTU“, erläutert Jonas Krenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Leichtbau mit strukturierten Werkstoffen, wie es zu der Kooperation mit dem LKT Team Brandenburg kam. Mit deren Sponsor Lausitzer Klärtechnik (LKT) arbeitet das BTU-Fachgebiet unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Holger Seidlitz schon bei anderen Projekten seit längerer Zeit erfolgreich zusammen.
Die Jungwissenschaftler Jonas Krenz und Niklas Vogt hatten sich während ihres Studiums an der BTU Cottbus – Senftenberg bereits mehrfach mit der Entwicklung von Highend-Geräten für den Sport beschäftigt. So arbeiteten sie beispielswiese am Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin. Die von ihnen dort entwickelten Komponenten wurden bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympia erfolgreich eingesetzt. Auch an der BTU haben sie mit der Entwicklung einer Carboneinlegeschale unlängst ein Projekt für Bahnradsportler aus der Region umgesetzt. Dieser Erfahrungsschatz kommt nun dem LKT Team zu Gute: „Man merkt, dass die beiden vom Fach sind und auch das Gesamtpaket ist super. Wir haben alles hier in Cottbus. Das verbindet. Es ist schön, dass in unserer Region Spitzensport möglich ist – und eben auch technische Spitzenleistungen. Das macht einen schon ein bisschen stolz“, sagt LKT Team-Manager Steffen Blochwitz.
In der Entwicklungsarbeit ging es ganz konkret darum, den Lenker zu optimieren und das gesamte Cockpit so zu konstruieren, dass es adaptiv auf die Athleten einstellbar ist und gleichzeitig die immense Krafteinwirkung beim Anfahren aushält. Am Ende steht nun ein Produkt aus Carbon, das alle Anforderungen mit Bravour meistert: verbesserte Aerodynamik, ergonomische Griffe, idealer Halt in den Armschalen und erhöhte Steifigkeit machen den Athleten in Summe schneller und das Fahrrad sicherer. „Wir haben es geschafft, die Aerodynamik zu optimieren, sprich die erforderliche Leistung, um den Lenker durch die Luft zu schieben, um 23,7 Prozent im Vergleich zum ursprünglich verwendeten Modell zu reduzieren. Der Lenker ist gleichzeitig leichter (Gewichtsvorteil von 44,7 Prozent) und steifer (Steifigkeitsvorteil von 46,7 Prozent), so dass die Kraft beim Anfahren optimal auf die Bahn übertragen werden kann“, erklärt Jonas Krenz.
An einem warmen Sommertag im August kamen die jungen Radsportler an die BTU Cottbus – Senftenberg, um das neue Cockpit zu begutachten und zu testen. Bei der Montage achteten die Wissenschaftler penibel darauf, dass jeder einzelne Lenker genau nach den Maßen und Vorgaben des jeweiligen Fahrers angebracht wurde. Anschließend wurde eine erste Testrunde auf der asphaltierten Bahn direkt nebenan auf dem Uni-Sportplatz gedreht. Am Ende blickte Niklas Vogt in zufriedene Gesichter und hörte viel Lob, wie zum Beispiel vom diesjährigen Deutschen Meister im Zweiermannschaftsfahren Richard Banusch: „Die Kraftübertragung ist super, genauso wie ich es mir gewünscht habe“ oder von Philip Weber: „Das ist der Formel-1-Rennwagen unter den Lenkern. Da er ganz individuell auf mich zugeschnitten ist, hat sich meine Position auf dem Rad deutlich verbessert.“
Nun stehen weitere Test und Trainings mit dem neuen Lenker an. Wenn im Herbst die Bahnradsaison startet, muss alles stimmen. Einen ganz besonderen Reiz hat das Weltcup-Rennen vom 30. November bis 2. Dezember vor heimischem Publikum in Berlin: „Dann wollen wir schnell fahren“, sagt Manager Blochwitz mit einem erwartungsvollen Lächeln.
Foto. BTU Cottbus-Senftenberg
pm/red