Noch ist die Farbe seines neuesten Bildes nicht ganz trocken. Aber bis zu Vernissage am 21. Juli um 19:00 Uhr im Cottbuser Elektrizitätswerk sind schließlich noch ein paar Tage Zeit.
Gemalt hatte Karsten Römer (Jahrgang 1961) immer schon so nebenbei. Seine Mutter wollte das Talent fördern und schickte ihn zum Arbeiterzirkel. So nannte man zu DDR-Zeiten Organisationsformen des „künstlerischen Volksschaffens“, die sich unterschiedlichen künstlerischen Begabungen widmeten. Dort erkannte man Römers Fähigkeiten und schickte ihn an eine Spezialschule für Malerei und Grafik. Die Aufnahmeprüfung bestand er problemlos. Nur studieren konnte er nicht. Als Lokführer in der Braunkohle hätte er von seinem damaligen Betrieb eine Delegierung an die Spezialschule benötigt. Allerdings mangelte es zu der Zeit in der DDR-Volkswirtschaft mehr an Lokführern als an Künstlern. Eine Delegierung war deshalb überhaupt kein Thema für die Betriebsleitung.
Nach der politischen Wende in der DDR versuchte sich Karsten Römer zunächst als Imbissbuden-Besitzer und Weinhändler, wurde als Grabungsarbeiter und später als Grabungstechniker bei archäologischen Ausgrabungen tätig. Mit einem Bohrgerät zur Altlastenerkundung machte er sich selbständig, bis ihn ein Arbeitsunfall ausbremste.
Das war für Karsten Römer das Signal, sich ab 2007 wieder verstärkt der Malerei zuzuwenden. „Nebenbei lassen sich solche Bilder nicht malen“, verrät er seinen Antrieb.
In einer Ausstellung im Cottbuser E-Werk, zu finden am Spreeufer 1 zwischen dkw Kunstmuseum und Gericht, gibt der Drachhausener nun unter dem Titel „Die Räder haben sich weiter gedreht“ einen Einblick in sein künstlerisches Schaffen.
Für Karsten Römer ist es die erste Ausstellung, in der er sein bildgewaltiges Triptychon zeigen kann. Kleinere Ausstellungen hatte er zuvor z.B. in der Mark-Twain-Bibliothek in Berlin und in den Hafenterrassen in Goyatz. Einer vor Jahren geplanten Ausstellung in Detroit (USA) machte die Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten einen Strich durch die Rechnung.
Den Kontakt zum Ingenieurbüro Integral, den E-Werk-Betreibern, hat ein Kumpel Römers hergestellt. Bei einem Spaziergang durch Cottbus entdeckten beide das Gebäude und sahen darin Bilderschienen von der Decke hängen. Die Raummaße sind ideal, um Karsten Römers großformatige Bilder der Öffentlichkeit präsentieren zu können.
Seine Inspiration holt sich Römer aus den Medien. Themen wie Finanzkrise, Umweltzerstörung, Bootsflüchtlinge oder der gierige Kampf um immer mehr Macht und Einfluss lassen ihn kreativ werden. „Viele Motive sind spontan entstanden. Wenn der Grundgedanke erst einmal da ist, entsteht das Bild in meinem Kopf weiter. Auf der Leinwand werden dann kleine Details zusammenkonstruiert.“, beschreibt Römer seine Vorgehensweise. Skizzen seiner Bilder fertig er nur an, um anderen Menschen zu zeigen, welche Idee er gerade im Kopf hat.
Seine bevorzugte Technik sind Ölbilder auf Leinwand gemalt. Dabei versucht er, stets seinen eigen Stil zu finden. Auch wenn er Salvador Dali gut findet – Techniken anderer Maler zu kopieren, kommt für Karsten Römer nicht in Frage.
Zum Erkennungsmerkmal seiner Bilder sind Zahnräder geworden, die sich auf fast allen seiner Bilder wiederfinden. Besonders imposant zeigt sich das in seinem ersten, 2012 fertig gestellten „Räderwerk“. Unzählige große und kleine Zahnräder laufen ineinander. In jedem Rad ist eine Botschaft versteckt. Da ist der Kreislauf des Lebens genauso dargestellt wie die Sensationslüsternheit der Medien; Papst und Mickey Mouse verbreiten ihre Botschaften. Angela Merkel ist ebenso ein Rädchen im Getriebe wie ein guter Freund des Malers.
„Das Gemälde zeigt die Hilflosigkeit in unserer heutigen Gesellschaft. Jeder ist ein kleines Rad, das doch nichts bewegen kann. Damit das große Ganze funktioniert, müssen die kleinen Rädchen mitlaufen.“, so Karsten Römer über das erste seiner drei großformatigen Bilder in der Ausstellung.
Es braucht einige Minuten, um die Botschaften, die darin versteckt sind, zu entdecken und zu begreifen.
Gerade die „politischen“ Bilder sind es, die die Aufmerksamkeit des Betrachters wecken. Da verteilt der Messias das in Rotwein verwandelte Wasser im Überfluss, während seine Jünger darin ertrinken. Auf seinem T-Shirt sieht man die Europaflagge mit einem herausfallenden Stern. Der Brexit lässt grüßen….
Dabei bezeichnet sich Karsten Römer gar nicht als politischen Menschen. Aber wenn man ihm zuhört, merkt man recht schnell, dass da ein Mann ist, der sich schon seine Gedanken um die aktuellen Geschehnisse und um die Zukunft macht.
Etwa 20 Bilder zeigt die Ausstellung. Neben dem gewaltigen Triptychon werden auch Porträts und Landschaftsbilder zu sehen sein. „Theater vorm Theater“ heißt ein Bild, dass das Cottbuser Staatstheater zeigt. Extra für die Ausstellung entstand eine Ansicht des E-Werks.
Musikalisch umrahmt wird die Ausstellungseröffnung, zu der alle Gäste recht herzlich eingeladen sind, von Bodo Kuntermann.
Für Karsten Römer bleibt bis dahin noch so Einiges zu tun. Pünktlich zur Vernissage soll auch seine neue Webseite an den Start gehen. Mit einem Ausstellungskatalog sollen Galeristen aufmerksam gemacht werden. Und natürlich müssen seine Bilder ins richtige Licht gerückt werden. Die Bilderschienen hängen ja schon….