Die Bedeutung des wendischen Namens Tšadow für den Spreewaldort ist nicht eindeutig erklärbar, er könnte aus tšadaś (dt. darben, sich abmühen) entstanden sein. Aus heutiger Sicht eine durchaus sinnvolle Interpretation, denn die Stradower mühen sich wie eh und je für ihr Dorf. Es gehört zu den aktivsten im Spreewald.
Der Ortsbeirat mit Heiko Wannagat an der Spitze, mit Andreas Petrick und Martin Mielchen, gehört wohl zu den jüngsten Kommunalvertretungen der Region. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 34,6 Jahre! Die drei können sich auf rührige Vereine verlassen, die das Dorfleben ankurbeln. Ganz vorn dabei ist der erst in diesem Jahr aus der „Jugend“ hervorgegangene Heimatverein. Ihm steht Ludwig Psaar vor. Der angehende Informatiker ist 23 Jahre alt und somit wohl einer der jüngsten Vorsitzenden eines Traditionsvereins. Chris Mielchen ist stellvertretender Wehrführer und mit seinen 34 Jahren ebenso ein junger Macher, wie Martin Mielchen, der den Fußballern vorsteht. „Wir haben vor vier Jahren die alte Vereinsfahne entdeckt und setzen die Tradition unserer Väter fort“, so der 28-Jährige. Nahezu legendär ist das Oktoberfest. Seit zwölf Jahren erfreut es sich großer Beliebtheit über die Region hinaus. Das letzte Fest sprengte fast den Rahmen, denn etwa 2000 Besucher wurden gezählt. „Umso mehr ärgert es uns, wenn wir nicht genügend Unterstützung von außen bekommen“, erzählt Ludwig Psaar bei einem Treffen vor Ort. „Wir müssen die Nachbarn ringsum um Strom bitten, den wir auch dankenswerterweise bekommen. Aber es muss doch mal möglich sein, einen zentralen Versorgungspunkt zu erhalten, wir wollen ihn ja noch nicht mal geschenkt bekommen!“, so der Vereinsvorsitzende. Wilfried Boden, der Ortschronist, verweist auf ein anderes Problem: „Wir sind auf vielen Rad- und Wanderkarten ausgewiesen, haben aber praktisch keine Wege mehr: Entweder sind die verbaut oder unpassierbar. Die Urlauber mit ihren Karten in der Hand schütteln da nur mit dem Kopf – und wir Stradower auch! Auch wurde uns mal eine einheitliche Bepflanzung der Dorfstraße versprochen, aber das ist lange her!“ Chris Mielchen kann ebenfalls Kritikwürdiges beisteuern: „Wir als Feuerwehr sind auf Hochwassereinsätze spezialisiert. Wenn wir zu unserer Technik wollen, müssen wir selbst erst mal durch eine riesige Wasserlache! Der Feuerwehrplatz liegt an einem tiefen Punkt und wird nicht entwässert!“ Andreas Petrick liegt weiterer Stradower Kummer am Herzen: „Unser ehemalige Gaststätte Lindengarten fällt seit 20 Jahren in sich zusammen und stellt ein Sicherheitsrisiko dar – nichts tut sich!“
Wie aus der Stadtverwaltung zu erfahren war, sind die Probleme teilweise bekannt und in Arbeit. Bürgermeister Bengt Kanzler(parteilos): „Ein Stromverteiler ist kein Problem, der Verein muss nur an uns herantreten, um die Kostenfrage zu klären. Den Zustand des alten Gasthauses werden wir umgehend noch einmal prüfen und Maßnahmen ergreifen. Zu den Rad- und Wanderwegen findet ohnehin grad eine aktuelle Überprüfung statt, hier sind wir für die gegebenen Hinweise dankbar.“
Viele Probleme für die kleine Gemeinde am Rande des Spreewaldes. Dennoch gehören die Stradower nicht zu denen, die resignieren. Mit ihren jungen Aktivisten bewegen sie oder wiederbeleben sie viel, wie den Stradower Trachtenumzug. Osterfeuer und Maibaumaufstellen sind zur festen Größe geworden, Dorf- und das schon erwähnte Oktoberfest ebenfalls. „Wir machen auch sehr viel für unsere Kinder. Gerade bereiten wir den kleinsten und feinsten Weihnachtsmarkt vor, den es in der Gegend gibt“, erzählt Martin Mielchen, der dabei auf die Unterstützung durch die Landfrauengruppe verweist. Stolz sind sie auch auf den erst vor einem Jahr eingeweihten Spielplatz, den Urlauberkinder wie Einheimische gern nutzen. Zu einem Schmuckstück hat sich das Gutshaus, manche sagen Herrenhaus, manche sogar Schloss, entwickelt. Außen und innen saniert, ist es zum Blickfang im Ort geworden.
Infobox:
Stradow ist ein Ortsteil der Stadt Vetschau. Belegt sind frühe Siedlungsfunde aus der Bronzezeit. Aktuell leben 276 Einwohner im Ort, darunter 29 Kinder und Jugendliche. Es gibt mehrere Gewerbetriebe, darunter die weithin bekannte Teichwirtschaft, Baubetriebe und Werkstätten und ein Frisörstudio. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln erfolgt durch mobile Einrichtungen. Nächste Termine: 05.12.15 Weihnachtmarkt, 16.01.16 Zampern, 13.02.16 Trachtenumzug
Foto: Der ganze Stolz der Stradower ist der kürzlich eingeweihte Kinderspielplatz. Während die Eltern sich bei einem Arbeitseinsatz im Dorf über die Laubmassen her machen, können sich die Kleinen austoben. Hier wird auch das jährliche Kinderfest gefeiert. (Im Hintergrund das sanierte Herrenhaus)