Der Erste Beigeordnete des Landkreises, Peter Hans und Bad Liebenwerdas Bürgermeister Thomas Richter bei der Kranzniederlegung für die Opfer des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers und späteren Speziallagers Nr. 1 des sowjetischen NKWD bei Mühlberg.
Pastorin Kerstin Höppner-Mich: „Friede ist so zerbrechlich und steht vor den Toren Europas“
Vor 25 Jahren fand auf dem Gelände des Soldatenfriedhofes Neuburxdorf sowie im ehemaligen Kriegsgefangenenlager und späteren Speziallagers Nr. 1 des sowjetischen NKWD bei Mühlberg das erste Mahn- und Gedenktreffen für die Opfer statt, die hier interniert wurden und auch tausendfach zu Tode kamen.
Auch nach diesen 25 bewegten Jahren wurde es still, als am 5. September gegen 9.30 Uhr die kleine Glocke auf dem Friedhof Neuburxdorf erklang, die zum Jubiläumstreffen und der anschließenden Kranzniederlegung einlud.
Initiator dieses XXVV. Mahn- und Gedenktreffens war wiederum die „Initiativgruppe Lager Mühlberg“ e. V. Zahlreiche Menschen aus ganz Deutschland waren der Einladung vom Vorsitzenden und Pfarrer Matthias Taatz gefolgt, um der Opfer zu gedenken, die in diese Gegend vertrieben wurden und die im Kriegsverlauf sowie als Internierte ihr Leben ließen.
„Vor 25 Jahren konnten wir endlich sagen, das Schweigen hat ein Ende. Wir haben die Erinnerung wach gerufen, auch wenn diese für viele Familien sehr schmerzlich war und ist“, sagte Pfarrer i.R. Martin Taatz aus Halle, der 1990 bereits die erste Gedenkpredigt hielt.
Seit 25 Jahren findet eine nicht immer einfach Aufarbeitung der Geschichte statt, die zwischen dem ehemaligen Kriegsgefangenenlager der Deutschen Wehrmacht und dem späteren Speziallagers Nr. 1 des sowjetischen NKWD steht. Nicht nur die vielen Toten, auch das ganze Ausmaß des Elends wurde in den 25 Jahren Aufarbeitung sichtbar.
Martin Taatz: „Manche sagen uns, hört doch auf damit. Der, auf den wir gewartet haben, kommt nicht wieder nach Hause. Doch für die Initiativgruppe ist klar, die, die wir verloren haben, dürfen nicht verloren sein. Es ist gefährlich, nichts mehr davon wissen zu wollen, darum treffen wir uns jedes Jahr hier.“
Die meisten der Inhaftierten wurden wahllos gefangen genommen und ohne Urteil zur völligen Isolierung nach Mühlberg verschleppt. Auch über den Tod hinaus, wurden sie namenslos verscharrt. Namen, durfte es nicht mehr geben. Erst seit 1990 ist es möglich, die Geschichte des Lagers und die Einzelschicksale aufzuarbeiten. Für die Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Anna Kaminsky, kann das Umfeld von Mühlberg eigentlich kaum friedvoller wirken. „Doch hier gab es ein Lager, das an Abscheulichkeiten und Unmenschlichkeit kaum zu überbieten ist“.
Sie ging in ihrer Rede auf Schicksalsberichte aus dem Lageralltag ein, die an Hunger, Dunkelheit, Brutalität und Aussichtslosigkeit in den Lagern erinnern, ein. Das Speziallager Nr. 1 des sowjetischen Geheimdienstes NKDW in Mühlberg war eines von zehn in der sowjetischen besetzten Zone. Zehntausende wurden nach Kriegsende ohne Angabe von Gründen und ohne Urteil dorthin verschleppt. Erst nach 1990 ist es der dritten Generation danach vergönnt, darüber reden und anklagen zu dürfen. „So unterschiedlich die Lagersysteme bis und nach 1945 auch gewesen sein mögen, eins verband sie, der massenhafte Tod.“ Für sie sind Gedenken und Aufarbeitung keine Gegensätze, auch nicht in Mühlberg, weit ab von den bekannten Kriegsschauplätzen.
Auch Mühlbergs Pastorin Kerstin Höppner-Mich wie auch Pater Alois Adelfinger erinnerten an das tragische Schicksal der Tausenden, von denen bis heute viele namenlos blieben, deren Angehörige erst nach 1990 oder bis heute nichts über ihren Verbleib erfahren haben. Bis dahin war es unter Androhung neuer Gewalt verboten, über solche Orte zu reden oder gar eigene Leiderfahrungen öffentlich zu machen. Als Schlüssel zur Heilung sah Pfarrer i.R. Martin Taatz in einem ökumenischen Gottesdienst neben dem Lager, heute endlich darüber reden zu dürfen, Erfahrungen zu teilen und das eigene Schicksal jüngeren Menschen zu erzählen.
Schüler der sechsten Klasse der Grundschule Mühlberg legten an jedes aufgestellte Kreuz eine weiße Rose nieder, bevor sie sich an den Händen fassend im Kreis um das Hochkreuz aufstellten und sich verneigten.
Quelle & Foto: Landkreis Elbe-Elster