Die hohen Temperaturen des Wochenendes gab ihm den Rest. Der Pastlingsee bei Grabko (Gemeinde Schenkendöbern, Landkreis Spree-Neiße) “starb” mit einem Sauerstoffgehalt von 0% den Hitzetot. Woran das festgestellt wurde? An massenweise toten Fischen die an der Oberfläche des teilweise nur noch ca. 10cm tiefen Sees trieben. Der Kreisanglerverband verbrachte das Wochenende damit, so viele Fische wie möglich abzufischen, bisher etwa 250kg, darunter Edelfische wie Zander, Hecht, Aal sowie Bleie und Güster. Die Kiemen sind vollgesogen mit Schlamm, auch außen sind die Spuren zu sehen und es stinkt erbärmlich. Heute, wie die Wochen davor betrieben sie Notfallhilfe indem sie lebende Fische in einen Frischwasserbottich bringen und in andere Gewässer umsetzen. Nun schaut stellenweise schon Schlamm in einer hohen Schicht an der Oberfläche heraus, ein betreten oder befahren mit dem Boot ist lebensgefährlich. Das Amt hat bereits reagiert und Schilder aufstellen lassen.
Der Pastlingsee ist ein natürlicher See, der in der letzten Eiszeit entstanden ist und durch sein angrenzendes Moor zwar nie über die beste Sicht, “aber über eine sehr gute Wasserqualität verfügt” sagt Sylvio Krüger, der im Anglerverband tätig ist und über die sozialen Netzwerke auf das akute Problem aufmerksam machte. Über die Ursachen wird gestritten.
In den letzten drei Wochen sei der Wasserstand des Sees um weitere 23cm gesunken sagt Krüger, er sieht die kurzfristige Verschlechterung in den hohen Temperaturen, “aber soviel Wasser wie hier die letzten Jahre verschwunden ist, soviel kann nicht einfach verdampfen.” Er sieht das Problem auch ein paar Kilometer weiter. Dort bewegen sich die Förderbrücken des Braunkohletagebaus Jänschwalde, in dessen Grundwasserabsenkungsgebiet der See liegt.
Andreas Stahlberg, Sachbearbeiter im Amt Schenkendöbern für Tagebauangelegenheiten, kennt die Problematik von den gemeinsamen Sitzungen mit Vattenfall. Er will den Druck auf die zuständigen Umweltbehörden weiter aufrecht erhalten und auch der wasserrechtlichen Richtlinie, der Vattenfall für seine aktiven Tagebaue unterliegt, weiter Nachdruck verleihen. “Darin steht die Feuchtgebiete in der Umgebung zu erhalten.” Auch er weist darauf hin, dass der Pastlingsee im Trichterbereich der Grundwasserabsenkung für den Tagebau Jänschwalde liegt.
Beim BUND hat man laut Herrn Heinzel, zuständiger Naturschutzreferent, erst gestern von den Problemen mit dem See gehört. “Ich war heute vor Ort und habe es mir angeschaut. Vorher gab es keinen Kontakt” sagt er. Durch das sommerliche Wetter sei der Wasserstand gesunken, ob ein Zusammenhang mit dem Absenkungstrichter des Tagebaus Jänschwalde besteht, müsse geprüft werden.
Thoralf Schirmer, Pressesprecher der Vattenfall GmbH, widerspricht dem deutlich: “Aufgrund fehlender Niederschläge hat sich in den vergangenen Jahren die Wasserfläche des Pastlingsees wie auch vieler anderer Flachwasserseen sichtbar reduziert. Es liegt an dem extrem flachen Ufer, dass sich bereits bei Wasserstandschwankungen von zehn Zentimetern die Wasserfläche um einige Meter zurückzieht. Obwohl dieser sichtbare Wasserrückgang klimatisch und nicht bergbaulich bedingt ist und eine rechtliche Verpflichtung für das Bergbauunternehmen nicht besteht, hat Vattenfall kurzfristig angeboten, zur Stützung der Wassersituation im Pastlingsee beizutragen. Dies soll über die Zuleitung von Trinkrohwasser aus der Wasserfassung Drewitz des Wasserwerkes Jänschwalde-Ost gewährleistet werden, was der vorherigen Zustimmung des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) bedarf. Die Behörde hat dazu bislang keine Entscheidung getroffen.
Seit 2008 gibt es auch ein Monitoring Programm am See, damals sagte Birgit Schroeckh, Referentin Tagebauplanung für Jänschwalde/Cottbus-Nord bei Vattenfall: “Im Rahmen unseres Monitoring-Programmes wird beobachtet, ob es künftig Auswirkungen auf den Seewasserspiegel und die Vegetation in Folge der Grundwasserabsenkung durch den Tagebau gibt.” Geholfen hat es anscheinend nicht, angepflanztes Schilf, Birken, Erlen und türkise Plastikstege führten nicht zur Stabilisierung des Gewässers. Hört man sich bei Drewitzern um bezweifelten viele von Anfang an, dass die Maßnahmen greifen. Schilf auf mehreren dutzend Metern Breite, Erlen und Birken in engem Abstand auf mehreren hundert Quadratmetern sorgen für einen sehr hohen Wasserbedarf. Der Pastlingsee verfügt aber über keinen Zufluss und ist von Regen abhängig. Die Gewächse wurden größer und brauchten so mehr Wasser.
Die Dorfbewohner erinnern sich, “früher war der See etwa fünf Meter tief und selbst mit der Schlammbildung wäre er heute noch etwa zwei Meter tief, wenn der Wasserstand so geblieben wäre.” Durch die Beflanzung im Jahr 2008 und danach wurde der Effekt aber verstärkt, da mehr Laub in dem Gewässer landet und Schilf schlammbildend ist und in engen Abständen gepflanzt zu Verlandungen führt, parallel zum sinkenden Wasserspiegel.
Der Kreisanglerverband (KAV) hat den See schon vor einigen Jahren “aufgegeben”. Bereits damals richteten sie Anfragen an zuständige Behörden und wiesen auf die kommenden Probleme hin, laut KAV reagierte niemand, der KAV zog ab.
Sylvio Krüger blickt voraus: “Wenn der See nun endgültig aufgegeben wird, ist es der erste Dominostein von vielen Seen und Gebieten in der Region.” Bei weiteren Seen in der Umgebung kündigen sich bereits die Probleme an. Der Kleinsee hat von letztem zu diesem Jahr ca. 60 cm verloren, am Pinnower See steht der Rettungsschwimmerturm mittlerweile weit weg vom Ufer, Schätzungen gehen von zwei Metern Wassterstandverlust in den letzten Jahren aus. Als dritter See reiht sich der Deulowitzer See in die Problemlage ein.
Bereits 2010 gab es eine parlamentarische Anfrage an die damalige brandenburgische Umweltministerin Anita Tack, da im geplanten Tagebaugebiet “Jänschwalde Nord” mehrere Flora-Fauna-Habitat-Gebiete liegen. Zum Beispiel das etwa 39 Hektar große Gebiet “Pastlingsee-Ergänzung“. Das Moor würde durch den Tagebau völlig zerstört werden.
Weiterhin grenzen zwei als Naturschutzgebiete ausgewiesene Flora-Fauna-Habitat-Gebiete an die geplante Braunkohle-Abbaufläche an, erklärte Tack damals. Das betreffe das Gebiet „Pastlingsee“ mit 70 Hektar und die „Feuchtwiesen Atterwasch“ mit rund 200 Hektar. Das 135 Hektar große „Calpenzmoor“ hingegen liege außerhalb des Tagebau-Planungsgebietes.
Die Ministerin sagte, zum Schutz der Gebiete vom Tagebau sei geplant, eine das Kohle-Abbaugebiet umschließende Dichtwand zu errichten. “Darüber hinaus werde untersucht, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Moorflächen außerhalb des Abbaugebietes vermieden werden kann. Geprüft werde ferner, ob bei einer zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigung von Schutzgebieten „eine vollständige Kompensation möglich ist“. Ein absterben der Gebiete bevor der Tagebau startet, war nicht Teil der Diskussion.
Der Fall zeigt gut, das Warnungen anscheinend nicht ernst genug genommen wurden, nun aber viele aufgeschreckt sind. Es wird sich zeigen, wieviel Aktionismus folgen wird. Verlierer gibt es dennoch: Die Lebewesen des bisherigen Pastlingsees.
In unseren Recherchen haben sich viele verschiedene Interessenslagen ergeben, wir bearbeiten das Thema weiter und gehen verschiedenen Hinweisen nach. Auch eine Anfrage an das LUGV werden wir veröffentlichen, sobald die Antworten bei uns eingetroffen sind.