„Erleuchtung für Anfänger” – so lautet der Titel des aktuellen Programms der Kabarettisten Silvia Doberenz. Die ausgebildete Yoga-Lehrerin tourt durch die Lande und möchte „aus Armleuchtern Erleuchtete” machen.
Im Forster „Kuckuck” traf sie am vergangenen Sonntag auf ein aufgeschlossenes Publikum. Bereits während der „Langen Nacht des Kabaretts” Ende Februar an gleicher Stelle zeigte sie Ausschnitte des Programms, welches nun diesmal in voller Länge auf die Bühne gebracht wurde.
Doberenz, die auf der „hellen Seite Deutschlands, also im Osten, da wo die Sonne aufgeht” geboren wurde, begann den Abend mit einem kleinen Rückblick auf ihr Leben in der DDR. Schon damals gab es spirituelle Verhaltens- und Denkensmuster. Die SED, „die spirituelle Einheitspartei Deutschland”, habe schließlich alles unternommen, damit die Bewohner der DDR den Versuchungen des Wohlstandes widerstehen konnten. Auch der Gruß der Jung- und Thälmannpioniere, bekannt als Kronen-Chakra, stelle ein spirituelles Mudra dar. Das ist sogar belegbar und keine Erfindung der Kabarettistin.
Silvia Doberenz schlüpfte danach in ihre Paraderolle der etwas beziehungsgestörten, aber trotzdem liebenswerten Sandra Sommer. Ihre letzte Beziehung zerbrach, weil ER nicht einsehen wollte, daß SIE eine Göttin ist. Als Konsequenz daraus richtete sie ihre Wohnung nach den „Regeln des Sheng Fui” ein, besucht „Tupperparties, wo sich die Hausfrauen gegenseitig ihre Dosen zeigen” und führt eine Liebesbeziehung mit sich selbst.
Sandra neueste Entwicklung: aus der Esoterikerin wird eine SM-oterikerin. Dazu bietet Sandra Sommer Kurse im „SM-Yoga” und zeigte gleich, was damit gemeint ist. Unter dem Gejohle des Publikums verwandelte sich die brave Frau im Blümchenkleid zu einem heißen Vamp in Lack und Leder und mit Peitsche.
Nach der Pause präsentierte Silvia Doberenz den Zuschauern ihre neueste Erfindung: die Karma-Payback-Karte. Männer wie Frauen können in ihren jeweiligen Beziehungen Punkte sammeln, allerdings gibt es auch Abzüge, z.B. fürs Fremdgehen oder wenn ein Partner dem anderen nicht zuhört. Die Höchstpunktzahl gibt es übrigens für den Königssatz des männlichen Zuhörers: „Ja, Schatz, Du hast Recht!”
Als „Bewußtseinserheiterung” bezeichnet Silvia Doberenz ihr Programm. Begriffe wie Mudra, Chakra oder Karma fallen oft an diesem Abend. Und trotzdem hat der Zuschauer nie das Gefühl, auf einem Esoterik-Trip zu sein. Immer wenn es scheinbar zu spirituell wird, kommt eine Pointe oder eine allgemein verständliche logische Erklärung. Silvia Doberenz gelingt der Spagat, dem Zuschauer ein hochkomplexes, von vielen Menschen belächeltes und mit Vorurteilen belastetes Thema mit Humor nahe zu bringen, ohne in Albernheiten oder in Slapstick-Einlagen abzudriften. Ihre Bühnenfiguren Sandra Sommer, Anandra Chandrakandra oder die lustlose Dolmetscherin Yvonne sind gut beobachtete Charaktere, auch wenn es nach Silvia Doberenz’ Worten dafür keine realen Vorbilder gibt.
„Sie waren das beste Publikum, daß ich heute hatte!”, verabschiedete sich Silvia Doberenz von den Zuschauern. Gut möglich, daß dem einen oder anderen Gast an diesem Abend ein Licht aufgegangen ist…
Foto: Thoralf Haß