Vor dem Parteitag der Linken Brandenburg in Cottbus forderten gestern Vertreter von Lausitzer Bürgerinitiativen die Verhinderung weiterer Braunkohlentagebaue und kritisieren die Doppelmoral der linken Energiepolitik. Sie empfingen die Delegierten mit einer Mahnwache vor dem Tagungsort. Die Partei hat ihr Programm zur Landtagswahl am 14. September beschlossen.
„Wir werden die Brandenburger Linke nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten messen. Beim Thema Braunkohle klafft zwischen den Aussagen in Wahl- und Parteiprogrammen und dem Handeln der Minister und Abgeordneten eine riesige Lücke.“ sagt Jürgen Handreck, Ortsbürgermeister von Taubendorf. „Seit 2011 will kein Investor mehr ein neues Kraftwerk in Jänschwalde bauen. Bis heute arbeitet die rot-rote Regierung aber weiter an Plänen zur Abbaggerung von Grabko, Kerkwitz und Atterwasch für ein solches Kraftwerk. Mein Heimatort Taubendorf soll dabei vom Tagebau eingekesselt werden. Die Lausitz braucht eine Einstellung des Planverfahrens ohne Wenn und Aber. Wirtschaftsminister Christoffers ist die Antwort auf unsere schriftlich dazu gestellten Fragen schuldig geblieben.“
„Wir Proschimer Bürger fühlen uns von der Linken verraten, die 2008 mit uns gemeinsam eine Volksinitiative gegen neue Tagebaue in den Landtag gebracht, und nun einen Plan zur Abbaggerung unseres Dorfes im Kabinett mitbeschlossen hat.“ sagt Erhard Lehmann aus Proschim. Lehmann war 2008 Ortsbürgermeister und einer von fünf Vertrauensleuten der Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue – für eine zukunftsfähige Energiepolitik“ – gemeinsam mit dem damaligen linken Landeschef Thomas Nord.
Hintergrund:
Am 3. Juni stimmten die vier Minister der Linken im Potsdamer Kabinett dem Braunkohlenplan Tagebau Welzow-Süd Teilfeld II und damit der Abbaggerung des Dorfes Proschim zu. Grundlage des Planbeschlusses ist eine Beurteilung der angeblichen energiepolitischen Notwendigkeit des Tagebaues durch das Wirtschaftsministerium unter Ralf Christoffers (Linke). Diese geht von Braunkohleverstromung in der Lausitz bis mindestens zum Jahr 2067 aus und widerruft die erst 2012 einstimmig im Kabinett beschlossenen Klimaschutzziele des Landes Brandenburg.
Das Planverfahren zum Tagebau Jänschwalde-Nord bedroht die Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko mit Zwangsumsiedlung. Es wurde 2008 zur Versorgung eines Neubaukraftwerkes mit CO2-Abscheidung am Standort Jänschwalde eingeleitet. Im Dezember 2011 gab der Vattenfall-Konzern den Plan für ein CCS-Demonstrationskraftwerk auf. Ein Neubaukraftwerk ohne CCS schießt der Konzern ebenso aus, wie die Energiestrategie der Landesregierung. Damit ist jede Legitimation für das Planverfahren entfallen. Die Landesregierung will die Notwendigkeit des Tagebaues dennoch erst zu einem späteren Zeitpunkt klären. Woran das Wirtschaftsministerium unter Ralf Christoffers diese Notwendigkeit messen will, hält es aber vor den Betroffenen geheim. Bürgerinitiativen hatten dem Minister im Februar 2014 elf konkrete Fragen übermittelt. Das Ministerium übermittelte daraufhin lediglich einen für den Landtag erstellten Bericht, der keine Antwort zu den gestellten Fragen enthält. (Die Fragen liegen dieser Pressemitteilung bei.)
Eine sogenannte „Protokollerklärung“ der vier linken Minister zu diesem Thema aus der Kabinettssitzung vom 3. Juni hat keinerlei rechtliche Wirkung.
Am 18. September 2007 hatten die Brandenburgische Landesregierung und Vattenfall in einer Pressekonferenz zudem angekündigt, um das Jahr 2015 auch Braunkohlenplanverfahren für die Tagebaue Bagenz-Ost und Spremberg-Ost einzuleiten. Diese Ankündigung hat auch die rot-rote Landesregierung nie zurückgenommen. Selbst bei Verschiebung um mehrere Jahre fiele die Eröffnung der Verfahren noch in die Legislaturperiode 2014-2019, für die in diesem Herbst der Landtag gewählt wird.