Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte und Anhörungen im Landtag zum Entwurf eines neuen Sorben/Wenden-Gesetzes für das Land Brandenburg stellt der Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann eine teilweise erschreckende Unkenntnis bei Vertretern öffentlicher Stellen in Bezug auf gesetzliche Grundlagen zur Sorben/Wenden-Politik des Landes Brandenburg sowie europäischerRahmenbedingungen zur Frage des Minderheitenschutzes und der Förderung von Minderheitensprachen fest. Deshalb hat er zur Landtagssitzung am 25. September 2013 folgende Parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet:
„Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Kenntnisstand sowie die Einstellung zu Fragen des Minderheitenschutzes mit Bezug auf Sorben/Wenden vor allem in kommunalen Verwaltungen und Landesbehörden nachhaltig zu verbessern?“
Aus Zeitgründen konnte diese Frage von der zuständigen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur nur schriftlich beantwortet werden.
Zur vorliegenden Antwort erklärt der Abgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann:
In der Verfassung des Landes Brandenburg ist nicht bloß festgelegt, dass das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes gewährleistet wird. Es ist ebenfalls verbindlich festgeschrieben, dass das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände die Verwirklichung dieses Rechtes zu fördern haben.
In der Antwort der Ministerin auf meine Anfrage ist nichts davon zu spüren, dass diese fortschrittliche Regelung von ihr innerlich auch angenommen ist und sie die mit meiner parlamentarischen Anfrage gekennzeichneten Probleme wirklich kennt. Denn in der Antwort wird behauptet, dass Arbeitsqualität und Rechtskenntnisse der Landes- und Kommunalverwaltungen in Brandenburg sich auf hohem Niveau befänden und „seit Jahren eine erfolgreiche, am Zweck der jeweils anzuwenden Gesetze orientierte Aufgabenerfüllung“ gewährleisten würden. Dass dies so ist, bezweifeln auch Interessenvertretungen der
Sorben/Wenden des Landes Brandenburg, wie auf dem Forum zum Tag der Europäischen Sprachen am 26. September 2013 in Cottbus deutlich wurde.
Mit der Ratifizierung des europäischen Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten im Jahre 1997 haben sich die staatlichen Stellen der Bundesrepublik verpflichtet, „die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu
bewahren“.
Die Ministerin behauptet aber in ihrer Antwort, dass die der Fragestellung zugrunde liegende Wahrnehmung erschreckender Kenntnislücken „ganz überwiegend auf abweichende Auslegungen des geltenden Rechts einschließlich seiner europarechtlichen Grundlagen zurückzuführen“ sein dürfte, „wobei insbesondere zu Fragen des Verhältnisses von Minderheitenschutz und kommunaler Selbstverwaltung einerseits und zur Verfügbarkeit von Schutzstandards durch örtliche Mehrheiten andererseits gegenläufige Positionen vertreten werden“.
Diese Aussage als offizielle Antwort der Regierung ist unglaublich. Denn es kann doch wohl nicht darum gehen, dass eine Regierung unterschiedliche Auffassungen lediglich zur Kenntnis nimmt. Sie wird doch wohl die Macht haben dürfen, geltendes Recht durchzusetzen. Der Irrtum scheint immer wieder zu sein, dass europäisches Recht als nicht sonderlich relevant für Land und Kommunen betrachtet werden muss und deshalb zum Beispiel sogar angenommen werden darf, ein brandenburgisches Landesgesetz zur Kommunalverfassung könnte europäisches Recht brechen. Doch nach der Ratifikation von zwölf europäischen Staaten trat das europäische Rahmenübereinkommen zum Minderheitenschutz am 1. Februar 1998 auch in der Bundesrepublik in Kraft. In einer aktuellen Broschüre des Bundesinnenministeriums wird außerdem zu Recht darauf verwiesen, dass die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen am 1. Januar 1999 in der Bundesrepublik in Kraft getreten ist und damit als Bundesgesetz
gilt, das „nachrangiges Recht – einschließlich Landesgesetze – bricht und gegenüber sonstigen Bundesgesetzen grundsätzlich als das speziellere anzuwenden ist“.
Weiterhin wird in der Antwort der Ministerin namens der Landesregierung auf die entsprechenden Teile zu den Sorben/Wenden in den regelmäßig erstatteten Staatenberichten an das Ministerkomitee des Europarats verwiesen. Weiß die Ministerin wirklich nicht, dass genau diese Berichte vom Ministerkomitee immer wieder kritisiert werden?
Und dann heißt es abschließend in der Antwort: „Im Übrigen stehen die fachlich betroffenen Ressorts jederzeit zur einzelfallbezogenen Klärung mehrdeutiger Rechtsverhältnisse zur Verfügung.“
Darum geht es nun wirklich nicht. Es geht darum, dass die bestehenden Rechtsverordnungen, Abkommen und Gesetze zur Sorben/Wenden-Frage zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. Und der Hinweis, man möge sich bei Unklarheiten genau an jene Ressorts wenden, die nach meiner Wahrnehmung eben zu wenig Kenntnis von den entsprechenden Gesetzen haben, klingt ja fast zynisch. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass sich die Bundesrepublik zu internationalen Vereinbarungen bekennt, die davon sprechen, Minderheiten zu motivieren, ihre eigene Sprache anzuwenden, dafür
die Rahmenbedingen zu schaffen und die eigene Kultur weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Föderalismus ist für die Erfüllung dieser Aufgaben mit Bezug auf die Sorben/Wenden fast ausschließlich das Land zuständig. Es ist an der Zeit, diese Aufgaben nicht als Last, sondern als Gewinn für das Land, als Beitrag zu Toleranz und Offenheit zu begreifen.
Gerd-Rüdiger Hoffmann
Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte und Anhörungen im Landtag zum Entwurf eines neuen Sorben/Wenden-Gesetzes für das Land Brandenburg stellt der Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann eine teilweise erschreckende Unkenntnis bei Vertretern öffentlicher Stellen in Bezug auf gesetzliche Grundlagen zur Sorben/Wenden-Politik des Landes Brandenburg sowie europäischerRahmenbedingungen zur Frage des Minderheitenschutzes und der Förderung von Minderheitensprachen fest. Deshalb hat er zur Landtagssitzung am 25. September 2013 folgende Parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet:
„Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Kenntnisstand sowie die Einstellung zu Fragen des Minderheitenschutzes mit Bezug auf Sorben/Wenden vor allem in kommunalen Verwaltungen und Landesbehörden nachhaltig zu verbessern?“
Aus Zeitgründen konnte diese Frage von der zuständigen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur nur schriftlich beantwortet werden.
Zur vorliegenden Antwort erklärt der Abgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann:
In der Verfassung des Landes Brandenburg ist nicht bloß festgelegt, dass das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes gewährleistet wird. Es ist ebenfalls verbindlich festgeschrieben, dass das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände die Verwirklichung dieses Rechtes zu fördern haben.
In der Antwort der Ministerin auf meine Anfrage ist nichts davon zu spüren, dass diese fortschrittliche Regelung von ihr innerlich auch angenommen ist und sie die mit meiner parlamentarischen Anfrage gekennzeichneten Probleme wirklich kennt. Denn in der Antwort wird behauptet, dass Arbeitsqualität und Rechtskenntnisse der Landes- und Kommunalverwaltungen in Brandenburg sich auf hohem Niveau befänden und „seit Jahren eine erfolgreiche, am Zweck der jeweils anzuwenden Gesetze orientierte Aufgabenerfüllung“ gewährleisten würden. Dass dies so ist, bezweifeln auch Interessenvertretungen der
Sorben/Wenden des Landes Brandenburg, wie auf dem Forum zum Tag der Europäischen Sprachen am 26. September 2013 in Cottbus deutlich wurde.
Mit der Ratifizierung des europäischen Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten im Jahre 1997 haben sich die staatlichen Stellen der Bundesrepublik verpflichtet, „die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu
bewahren“.
Die Ministerin behauptet aber in ihrer Antwort, dass die der Fragestellung zugrunde liegende Wahrnehmung erschreckender Kenntnislücken „ganz überwiegend auf abweichende Auslegungen des geltenden Rechts einschließlich seiner europarechtlichen Grundlagen zurückzuführen“ sein dürfte, „wobei insbesondere zu Fragen des Verhältnisses von Minderheitenschutz und kommunaler Selbstverwaltung einerseits und zur Verfügbarkeit von Schutzstandards durch örtliche Mehrheiten andererseits gegenläufige Positionen vertreten werden“.
Diese Aussage als offizielle Antwort der Regierung ist unglaublich. Denn es kann doch wohl nicht darum gehen, dass eine Regierung unterschiedliche Auffassungen lediglich zur Kenntnis nimmt. Sie wird doch wohl die Macht haben dürfen, geltendes Recht durchzusetzen. Der Irrtum scheint immer wieder zu sein, dass europäisches Recht als nicht sonderlich relevant für Land und Kommunen betrachtet werden muss und deshalb zum Beispiel sogar angenommen werden darf, ein brandenburgisches Landesgesetz zur Kommunalverfassung könnte europäisches Recht brechen. Doch nach der Ratifikation von zwölf europäischen Staaten trat das europäische Rahmenübereinkommen zum Minderheitenschutz am 1. Februar 1998 auch in der Bundesrepublik in Kraft. In einer aktuellen Broschüre des Bundesinnenministeriums wird außerdem zu Recht darauf verwiesen, dass die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen am 1. Januar 1999 in der Bundesrepublik in Kraft getreten ist und damit als Bundesgesetz
gilt, das „nachrangiges Recht – einschließlich Landesgesetze – bricht und gegenüber sonstigen Bundesgesetzen grundsätzlich als das speziellere anzuwenden ist“.
Weiterhin wird in der Antwort der Ministerin namens der Landesregierung auf die entsprechenden Teile zu den Sorben/Wenden in den regelmäßig erstatteten Staatenberichten an das Ministerkomitee des Europarats verwiesen. Weiß die Ministerin wirklich nicht, dass genau diese Berichte vom Ministerkomitee immer wieder kritisiert werden?
Und dann heißt es abschließend in der Antwort: „Im Übrigen stehen die fachlich betroffenen Ressorts jederzeit zur einzelfallbezogenen Klärung mehrdeutiger Rechtsverhältnisse zur Verfügung.“
Darum geht es nun wirklich nicht. Es geht darum, dass die bestehenden Rechtsverordnungen, Abkommen und Gesetze zur Sorben/Wenden-Frage zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. Und der Hinweis, man möge sich bei Unklarheiten genau an jene Ressorts wenden, die nach meiner Wahrnehmung eben zu wenig Kenntnis von den entsprechenden Gesetzen haben, klingt ja fast zynisch. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass sich die Bundesrepublik zu internationalen Vereinbarungen bekennt, die davon sprechen, Minderheiten zu motivieren, ihre eigene Sprache anzuwenden, dafür
die Rahmenbedingen zu schaffen und die eigene Kultur weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Föderalismus ist für die Erfüllung dieser Aufgaben mit Bezug auf die Sorben/Wenden fast ausschließlich das Land zuständig. Es ist an der Zeit, diese Aufgaben nicht als Last, sondern als Gewinn für das Land, als Beitrag zu Toleranz und Offenheit zu begreifen.
Gerd-Rüdiger Hoffmann
Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte und Anhörungen im Landtag zum Entwurf eines neuen Sorben/Wenden-Gesetzes für das Land Brandenburg stellt der Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann eine teilweise erschreckende Unkenntnis bei Vertretern öffentlicher Stellen in Bezug auf gesetzliche Grundlagen zur Sorben/Wenden-Politik des Landes Brandenburg sowie europäischerRahmenbedingungen zur Frage des Minderheitenschutzes und der Förderung von Minderheitensprachen fest. Deshalb hat er zur Landtagssitzung am 25. September 2013 folgende Parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet:
„Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Kenntnisstand sowie die Einstellung zu Fragen des Minderheitenschutzes mit Bezug auf Sorben/Wenden vor allem in kommunalen Verwaltungen und Landesbehörden nachhaltig zu verbessern?“
Aus Zeitgründen konnte diese Frage von der zuständigen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur nur schriftlich beantwortet werden.
Zur vorliegenden Antwort erklärt der Abgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann:
In der Verfassung des Landes Brandenburg ist nicht bloß festgelegt, dass das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes gewährleistet wird. Es ist ebenfalls verbindlich festgeschrieben, dass das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände die Verwirklichung dieses Rechtes zu fördern haben.
In der Antwort der Ministerin auf meine Anfrage ist nichts davon zu spüren, dass diese fortschrittliche Regelung von ihr innerlich auch angenommen ist und sie die mit meiner parlamentarischen Anfrage gekennzeichneten Probleme wirklich kennt. Denn in der Antwort wird behauptet, dass Arbeitsqualität und Rechtskenntnisse der Landes- und Kommunalverwaltungen in Brandenburg sich auf hohem Niveau befänden und „seit Jahren eine erfolgreiche, am Zweck der jeweils anzuwenden Gesetze orientierte Aufgabenerfüllung“ gewährleisten würden. Dass dies so ist, bezweifeln auch Interessenvertretungen der
Sorben/Wenden des Landes Brandenburg, wie auf dem Forum zum Tag der Europäischen Sprachen am 26. September 2013 in Cottbus deutlich wurde.
Mit der Ratifizierung des europäischen Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten im Jahre 1997 haben sich die staatlichen Stellen der Bundesrepublik verpflichtet, „die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu
bewahren“.
Die Ministerin behauptet aber in ihrer Antwort, dass die der Fragestellung zugrunde liegende Wahrnehmung erschreckender Kenntnislücken „ganz überwiegend auf abweichende Auslegungen des geltenden Rechts einschließlich seiner europarechtlichen Grundlagen zurückzuführen“ sein dürfte, „wobei insbesondere zu Fragen des Verhältnisses von Minderheitenschutz und kommunaler Selbstverwaltung einerseits und zur Verfügbarkeit von Schutzstandards durch örtliche Mehrheiten andererseits gegenläufige Positionen vertreten werden“.
Diese Aussage als offizielle Antwort der Regierung ist unglaublich. Denn es kann doch wohl nicht darum gehen, dass eine Regierung unterschiedliche Auffassungen lediglich zur Kenntnis nimmt. Sie wird doch wohl die Macht haben dürfen, geltendes Recht durchzusetzen. Der Irrtum scheint immer wieder zu sein, dass europäisches Recht als nicht sonderlich relevant für Land und Kommunen betrachtet werden muss und deshalb zum Beispiel sogar angenommen werden darf, ein brandenburgisches Landesgesetz zur Kommunalverfassung könnte europäisches Recht brechen. Doch nach der Ratifikation von zwölf europäischen Staaten trat das europäische Rahmenübereinkommen zum Minderheitenschutz am 1. Februar 1998 auch in der Bundesrepublik in Kraft. In einer aktuellen Broschüre des Bundesinnenministeriums wird außerdem zu Recht darauf verwiesen, dass die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen am 1. Januar 1999 in der Bundesrepublik in Kraft getreten ist und damit als Bundesgesetz
gilt, das „nachrangiges Recht – einschließlich Landesgesetze – bricht und gegenüber sonstigen Bundesgesetzen grundsätzlich als das speziellere anzuwenden ist“.
Weiterhin wird in der Antwort der Ministerin namens der Landesregierung auf die entsprechenden Teile zu den Sorben/Wenden in den regelmäßig erstatteten Staatenberichten an das Ministerkomitee des Europarats verwiesen. Weiß die Ministerin wirklich nicht, dass genau diese Berichte vom Ministerkomitee immer wieder kritisiert werden?
Und dann heißt es abschließend in der Antwort: „Im Übrigen stehen die fachlich betroffenen Ressorts jederzeit zur einzelfallbezogenen Klärung mehrdeutiger Rechtsverhältnisse zur Verfügung.“
Darum geht es nun wirklich nicht. Es geht darum, dass die bestehenden Rechtsverordnungen, Abkommen und Gesetze zur Sorben/Wenden-Frage zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. Und der Hinweis, man möge sich bei Unklarheiten genau an jene Ressorts wenden, die nach meiner Wahrnehmung eben zu wenig Kenntnis von den entsprechenden Gesetzen haben, klingt ja fast zynisch. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass sich die Bundesrepublik zu internationalen Vereinbarungen bekennt, die davon sprechen, Minderheiten zu motivieren, ihre eigene Sprache anzuwenden, dafür
die Rahmenbedingen zu schaffen und die eigene Kultur weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Föderalismus ist für die Erfüllung dieser Aufgaben mit Bezug auf die Sorben/Wenden fast ausschließlich das Land zuständig. Es ist an der Zeit, diese Aufgaben nicht als Last, sondern als Gewinn für das Land, als Beitrag zu Toleranz und Offenheit zu begreifen.
Gerd-Rüdiger Hoffmann
Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte und Anhörungen im Landtag zum Entwurf eines neuen Sorben/Wenden-Gesetzes für das Land Brandenburg stellt der Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann eine teilweise erschreckende Unkenntnis bei Vertretern öffentlicher Stellen in Bezug auf gesetzliche Grundlagen zur Sorben/Wenden-Politik des Landes Brandenburg sowie europäischerRahmenbedingungen zur Frage des Minderheitenschutzes und der Förderung von Minderheitensprachen fest. Deshalb hat er zur Landtagssitzung am 25. September 2013 folgende Parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet:
„Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Kenntnisstand sowie die Einstellung zu Fragen des Minderheitenschutzes mit Bezug auf Sorben/Wenden vor allem in kommunalen Verwaltungen und Landesbehörden nachhaltig zu verbessern?“
Aus Zeitgründen konnte diese Frage von der zuständigen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur nur schriftlich beantwortet werden.
Zur vorliegenden Antwort erklärt der Abgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann:
In der Verfassung des Landes Brandenburg ist nicht bloß festgelegt, dass das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes gewährleistet wird. Es ist ebenfalls verbindlich festgeschrieben, dass das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände die Verwirklichung dieses Rechtes zu fördern haben.
In der Antwort der Ministerin auf meine Anfrage ist nichts davon zu spüren, dass diese fortschrittliche Regelung von ihr innerlich auch angenommen ist und sie die mit meiner parlamentarischen Anfrage gekennzeichneten Probleme wirklich kennt. Denn in der Antwort wird behauptet, dass Arbeitsqualität und Rechtskenntnisse der Landes- und Kommunalverwaltungen in Brandenburg sich auf hohem Niveau befänden und „seit Jahren eine erfolgreiche, am Zweck der jeweils anzuwenden Gesetze orientierte Aufgabenerfüllung“ gewährleisten würden. Dass dies so ist, bezweifeln auch Interessenvertretungen der
Sorben/Wenden des Landes Brandenburg, wie auf dem Forum zum Tag der Europäischen Sprachen am 26. September 2013 in Cottbus deutlich wurde.
Mit der Ratifizierung des europäischen Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten im Jahre 1997 haben sich die staatlichen Stellen der Bundesrepublik verpflichtet, „die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu
bewahren“.
Die Ministerin behauptet aber in ihrer Antwort, dass die der Fragestellung zugrunde liegende Wahrnehmung erschreckender Kenntnislücken „ganz überwiegend auf abweichende Auslegungen des geltenden Rechts einschließlich seiner europarechtlichen Grundlagen zurückzuführen“ sein dürfte, „wobei insbesondere zu Fragen des Verhältnisses von Minderheitenschutz und kommunaler Selbstverwaltung einerseits und zur Verfügbarkeit von Schutzstandards durch örtliche Mehrheiten andererseits gegenläufige Positionen vertreten werden“.
Diese Aussage als offizielle Antwort der Regierung ist unglaublich. Denn es kann doch wohl nicht darum gehen, dass eine Regierung unterschiedliche Auffassungen lediglich zur Kenntnis nimmt. Sie wird doch wohl die Macht haben dürfen, geltendes Recht durchzusetzen. Der Irrtum scheint immer wieder zu sein, dass europäisches Recht als nicht sonderlich relevant für Land und Kommunen betrachtet werden muss und deshalb zum Beispiel sogar angenommen werden darf, ein brandenburgisches Landesgesetz zur Kommunalverfassung könnte europäisches Recht brechen. Doch nach der Ratifikation von zwölf europäischen Staaten trat das europäische Rahmenübereinkommen zum Minderheitenschutz am 1. Februar 1998 auch in der Bundesrepublik in Kraft. In einer aktuellen Broschüre des Bundesinnenministeriums wird außerdem zu Recht darauf verwiesen, dass die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen am 1. Januar 1999 in der Bundesrepublik in Kraft getreten ist und damit als Bundesgesetz
gilt, das „nachrangiges Recht – einschließlich Landesgesetze – bricht und gegenüber sonstigen Bundesgesetzen grundsätzlich als das speziellere anzuwenden ist“.
Weiterhin wird in der Antwort der Ministerin namens der Landesregierung auf die entsprechenden Teile zu den Sorben/Wenden in den regelmäßig erstatteten Staatenberichten an das Ministerkomitee des Europarats verwiesen. Weiß die Ministerin wirklich nicht, dass genau diese Berichte vom Ministerkomitee immer wieder kritisiert werden?
Und dann heißt es abschließend in der Antwort: „Im Übrigen stehen die fachlich betroffenen Ressorts jederzeit zur einzelfallbezogenen Klärung mehrdeutiger Rechtsverhältnisse zur Verfügung.“
Darum geht es nun wirklich nicht. Es geht darum, dass die bestehenden Rechtsverordnungen, Abkommen und Gesetze zur Sorben/Wenden-Frage zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden. Und der Hinweis, man möge sich bei Unklarheiten genau an jene Ressorts wenden, die nach meiner Wahrnehmung eben zu wenig Kenntnis von den entsprechenden Gesetzen haben, klingt ja fast zynisch. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass sich die Bundesrepublik zu internationalen Vereinbarungen bekennt, die davon sprechen, Minderheiten zu motivieren, ihre eigene Sprache anzuwenden, dafür
die Rahmenbedingen zu schaffen und die eigene Kultur weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Föderalismus ist für die Erfüllung dieser Aufgaben mit Bezug auf die Sorben/Wenden fast ausschließlich das Land zuständig. Es ist an der Zeit, diese Aufgaben nicht als Last, sondern als Gewinn für das Land, als Beitrag zu Toleranz und Offenheit zu begreifen.
Gerd-Rüdiger Hoffmann