Nach knapp einem Monat intensiver Verhandlungen haben sich die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Erste Details wurden heute bei einer Pressekonferenz in Potsdam vorgestellt. Nach aktuellen Medienformationen übernimmt das BSW drei Ministerien, darunter Finanzen sowie Soziales und Gesundheit. Die Parteitage beider Parteien sollen Anfang Dezember über den Vertrag abstimmen, sodass Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) voraussichtlich am 11. Dezember erneut gewählt werden kann. Schwerpunkte der Koalition sind Bürokratieabbau, Digitalisierung, Entlastungen für Eltern und die Sicherung von Krankenhausstandorten, während außenpolitisch eine diplomatische Lösung des Kriegs in der Ukraine angestrebt wird.
Koalitionsvertrag vorgestellt
Nach knapp einem Monat intensiver Verhandlungen haben sich die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lobte auf einer einberufenen Pressekonferenz die Zusammenarbeit: „Es war eine gute Teamarbeit. Wir haben in der Sache hart verhandelt, aber immer offen, ehrlich und konstruktiv.“ Der Vertrag habe das Ziel, Brandenburg voranzubringen und zu einem Land zu machen, in dem die Menschen noch besser leben können. „Jetzt sind wir durch eine intensive Arbeit deutlich weitergekommen. Brandenburg braucht Stabilität und Sicherheit“, so Woidke weiter.
Auch Katrin Lange, stellvertretende Landesvorsitzende der SPD, zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. Sie lobte den Koalitionsvertrag als „kurz und knapp und beinhaltet alles Wesentliche. Der Vertrag ermöglicht nötige politische Luft zu atmen.“ Zudem betonte Lange die Bedeutung von Sicherheit: „Wir stehen an der Seite unserer Sicherheitskräfte, wollen die Polizei auf 9.000 Stellen erhöhen und den Brand- und Katastrophenschutz weiterentwickeln.“ Zum Thema Migration erklärte sie: „Gemeinsam werden wir neue und bessere Regelungen treffen.“
Robert Crumbach, Landesvorsitzender des BSW, sprach ebenfalls über die Herausforderungen der Zusammenarbeit: „Es wird nicht immer einfach sein. Ich weiß aus den Erfahrungen in Verhandlungen, dass wir diese Dinge schaffen werden, weil wir fair und auf Augenhöhe miteinander umgehen.“ Er betonte, dass über den Vertrag hinaus die gemeinsame Analyse der Probleme entscheidend sei: „Viel wichtiger als der Vertrag ist, dass man gemeinsame Problemanalysen hat und fair an die Analyse herangeht.“ Gleichzeitig zeigte sich Crumbach optimistisch: „Wir schaffen auch Neues. Wir werden mehr gestalten, weniger verwalten, weniger streiten.“
Zu möglichen Ministern äußerte sich Dietmar Woidke zurückhaltend: „Das wird nicht heute entschieden. Erst mit den Parteigremien besprechen wir das. Nach dem Parteitag sprechen wir über Personalien.“
Nach aktuellen Medieninformationen übernimmt das BSW drei Ministerien, darunter Finanzen sowie Soziales und Gesundheit. Die Parteitage beider Parteien sollen Anfang Dezember über den Vertrag abstimmen, sodass Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) voraussichtlich am 11. Dezember erneut gewählt werden kann.
Deutschlandweite Premiere
Die Koalition zwischen SPD und BSW ist ein Novum in der deutschen Politik und wird mit Spannung beobachtet. Sie stellt derzeit die einzige realistische Mehrheit im Landtag, da keine Partei bereit ist, mit der AfD zu koalieren. Die Verhandlungen standen zuletzt unter Druck, nachdem der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf mit einer Blockade drohte. Hintergrund war seine Kritik an der Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 in Holzdorf. Der Landesvorsitzende des BSW, Robert Crumbach, stellte jedoch klar, dass die Mehrheit für Woidke steht – auch wenn Hornauf nicht zustimmen sollte.
Politische Schwerpunkte: Bürokratieabbau und Digitalisierung
SPD und BSW wollen sich auf die Reduzierung von Bürokratie und die Förderung der Digitalisierung konzentrieren. Zudem sollen Eltern mit niedrigem Einkommen weiterhin bei den Kita-Beiträgen entlastet werden. In Grundschulen wird ein Fokus auf die analoge Vermittlung von Basisfähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen gelegt. Ein Anstieg des Rundfunkbeitrags wird von beiden Parteien abgelehnt.
Haltung bei Krieg in Ukraine
Außenpolitisch einigten sich SPD und BSW darauf, sich in Bund und EU für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs einzusetzen. Sie betonten, dass diplomatische Bemühungen langfristig auch eine Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland ermöglichen sollen.
Krankenhausstandorte und Sicherheit stärken
Ein weiteres zentrales Thema ist die Sicherung der Krankenhausstandorte in Brandenburg. Ein Streit über die Gesundheitsreform war einer der Auslöser für das Ende der rot-schwarz-grünen Koalition. Im neuen Koalitionsvertrag ist außerdem vorgesehen, die Zahl der Polizeistellen auf 9.000 zu erhöhen. Zusätzlich sollen Brand- und Katastrophenschutz weiterentwickelt werden, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Maßnahmen gegen irreguläre Migration sollen ebenfalls unterstützt werden. Lange betonte hierzu, dass gemeinsam „neue und bessere Regelungen“ geschaffen werden sollen.
Reaktionen auf Koalitionsvertrag
IHKs Brandenburg: Die Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg begrüßen den Abschluss des Koalitionsvertrags und die schnelle Bildung einer neuen Landesregierung in Brandenburg als positives Zeichen auf dem Weg zu einer stabilen und handlungsfähigen Landesregierung. Ina Hänsel, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der IHKs, sagt: „Die regionale Wirtschaft begrüßt insbesondere, dass die Digitalisierung und der Bürokratieabbau als wichtige Kernthemen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Jetzt müssen zügig die konkreten Schritte wie beschleunigte und vereinfachte Genehmigungsverfahren und effektive wie auch rechtsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen umgesetzt und klar kommuniziert werden.“ Eine moderne und leistungsfähige Wirtschaft bilde die Grundlage und Zukunft des Landes, so die IHK-Präsidentin. „Unsere märkischen Unternehmen brauchen unkomplizierte und vor allem verlässliche Problemlösungen zur Fachkräftesicherung, in der Industriepolitik sowie beim Infrastrukturausbau. Wir erwarten dafür eindeutige konjunkturelle Impulse zu wettbewerbsfähigen Energiekosten sowie zu einer zukunftsfähigen Infrastruktur.“
CDU Brandenburg: Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg, Dr. Jan Redmann: „SPD und BSW starten statt mit einer gemeinsamen Vision, wie sie Brandenburg nach vorn bringen wollen, unmittelbar im Krisenmodus. Noch nicht einmal das Stabilitätsversprechen aus dem Wahlkampf kann diese Koalition einlösen. Erst recht geht von ihr kein Aufbruchssignal aus. Die Brandenburger hatten sich einen Politikwechsel gewünscht. Der bleibt vollständig aus. Soviel „weiter so“ war noch nie. Ambition fürs Land oder wenigstens ein neuer Politik-Stil? Fehlanzeige! Damit wird die Chance vertan, Vertrauen bei den Menschen zurückzugewinnen.“
FDP Brandenburg: Der FDP-Landesvorsitzende Zyon Braun: „SPD und BSW geben keine Antworten auf drängende Herausforderungen, wie die wirtschaftliche Entwicklung, und werden nur beim Angriffskrieg auf die Ukraine konkret. Um das eigene Ziel, Brandenburg voranzubringen, tatsächlich zu erreichen, fehlt es an mutigen Vorhaben und klaren Zielen der Regierung. Die Koalition schafft keinen Aufbruch, sondern steht für ein ambitionsloses ‚Weiter so‘. Handwerk, Mittelstand und auch gründungswillige Menschen wissen nicht, was sie von der Koalition erwarten dürfen. Eine Kampfansage an die überbordende Bürokratie und eine dringend benötigte Entlastungsinitiative fehlen. Akute Fragen wie die Kita-Finanzierung werden unbeantwortet in die Zukunft verschoben. Statt klare Prioritäten für das Land zu setzen, wollen SPD und BSW mit der Abschaffung der Schuldenbremse eine bereits gescheiterte Haushaltspolitik zu Lasten kommender Generationen sogar noch verschärfen. Aufgaben des Landes, wie die Rückführung von Migranten ohne Bleibeperspektive, wurden bisher ausgesessen und sollen nun an den Bund verwiesen werden. Ministerpräsident Woidke wird seiner Verantwortung mit dieser Landesregierung nicht gerecht. SPD und BSW fahren das Land ohne Kurs und Kompass auf Sicht und diskreditieren dabei auch noch die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands.“
BVB Freie Wähler: Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW erweist sich als größte Wählerverschaukelung seit Erfindung der Schaukel. Während die Koalitionäre hinter den Kulissen immer noch um eine Mehrheit für Woidkes Wiederwahl ringen, wird ein Koalitionsvertrag präsentiert, der grundlegende Themen des Landes außen vor lässt. So hat das BSW zentrale Wahlversprechen im Interesse einer Regierungsbeteiligung geopfert. Zwar sind Kompromisse nichts Seltenes, wenn aber die zentralen Glaubensinhalte aufgegeben werden, muss bei den Wählern des BSW Ernüchterung eintreten. Konkrete Absage an Waffenlieferungen, keine Raketenstationierung in Holzdorf, Abschaffung des Verfassungstreuechecks, Schaffung eines Lehrerstudienganges in Frankfurt (Oder)… alle Themen, die das BSW noch im Wahlkampf als dunkelrote Linien definiert hatte, wurden geräumt. „Das BSW hat gezeigt, dass es zentrale Zusagen an seine Wähler, Politik anders und glaubwürdig zu gestalten, nicht halten kann. Im Interesse der Machtbeteiligung wird aus Wagenknecht nun Woidkeknecht“, so Péter Vida, Landesvorsitzender von BVB / FREIE WÄHLER.
Junge Liberale Brandenburg: Die Jungen Liberalen Brandenburg (JuLis) haben den Koalitionsvertrag von SPD und BSW scharf kritisiert. Landesvorsitzende Laura Jasmin Iden (FDP) bezeichnete das Papier als „Dokument der Ideenlosigkeit und Schuldenpolitik“. Sie bemängelte fehlende Prioritäten und warnte vor einer drohenden Belastung künftiger Generationen durch unsolide Haushaltsführung. Insbesondere die Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel seien unzureichend, da konkrete Reformen der beruflichen Bildung und Anreize für junge Menschen fehlten. Auch die Ankündigungen zum Bürokratieabbau wurden als unverbindlich und wenig ambitioniert eingeschätzt. Die JuLis fordern schnellere Planungsverfahren und echte Entlastungen für Bürger und Unternehmen. Kritik äußerte Iden zudem an der außenpolitischen Agenda der BSW, die sie als realitätsfremd bezeichnete. Brandenburg brauche keine „diplomatischen Illusionen“, sondern Lösungen für Bildung, Infrastruktur und Fachkräftemangel. Die JuLis kündigten an, den Kurs der Regierung kritisch zu begleiten und sich für nachhaltige und zukunftsorientierte Politik einzusetzen.
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Red. / Presseinformation