Ja, ich bekenne mich dazu, ein solcher zu sein. Komme ich vor einiger Zeit in die Bank, in welcher “Bilder” ausgestellt waren.
Nun, um es nett auszudrücken: die Farbflecke entsprachen bei weitem nicht der künstlerischen Kreativität eines Kindergartenkindes.
Darum lautete meine Frage an eine der Angestellten, ob sie denn Erschwerniszulage bekomme, wenn sie das den ganzen Tag sehen muß.
Die Antwort bestand aus einem kläglichen Lächeln und einem mißtrauischen Blick in die Runde. O.k.- weß´ Brot ich eß´… darum habe ich das Gespräch nicht noch vertieft. – Urlaub in Frankreich und im Programm ein Besuch des Matisse-Museums in Cimiez.
Ja gut, Henri Matisse ist einer der bedeutendsten Künstler der Klassischen Moderne. Allerdings, beim Eintritt in das Museum überrascht die Besucher als erstes Kunstwerk eine blaue Wand. Nein! – keine Schattierungen, keine Nuancen, sondern einfach BLAU, so gleichmäßig BLAU wie ein BLAUES Blatt Buntpapier.
Und während alle vor Andacht davor erstarrten, machte ich auf der Hacke kehrt, mit der Bemerkung, daß DAS zu viel ist, für mein sensibles Gemüt!
Entsetzte und strafende Blicke “verfolgten” mich, als ich daraufhin in den daneben befindlichen herrlichen Rosengarten ging. Also ehrlich, da haben sich Maler und Bildhauer seit jeher bemüht alles so naturgetreu wie möglich wiederzugeben, in jedem Faltenwurf der Gewänder der Karyatiden oder im Licht und Schatten der Porträts der Alten Meister und dann kommen nach der Klassischen Moderne noch die heutigen “Kunstwerke” in der Bank.
Aber die sind wenigstens selbst gemacht. Auf den Bühnen hingegen spielt sich das selbe Dilemma noch viel schlimmer ab. Da vergewaltigt man frohgemut die Werke anderer. Klassische Stücke werden so inszeniert, daß einem das Blut in den Adern gefriert. Wenn einer der Autoren gewollt hätte, daß seine Protagonisten halb oder ganz nackt, mit Farben übergossen oder sonstigem abstrusen Beiwerk versehen, wie ein Frosch über die Bühne hüpfen oder sich auf dieser wälzen, hätte er das sicher in seinem Werk erwähnt.
Ist aber nicht so.
Und dennoch suhlen sich die heutigen Regisseure herostratisch darin. Soll´n die doch gefälligst selbst einen TELMAH schreiben, an dem sie sich auslassen können.
Das absurde daran ist, daß diese Vergehen vom entsprechenden Publikum auch noch als “neue Interpretation” bejubelt werden.
Apropos neu interpretiert: z.Bsp. ein Trakl Gedicht als Rap. Meine Frage: Wozu das? Antwort: Damit die Jugend besseren Zugang zur Lyrik findet. Ach wirklich? Von Ovid bis Heine, war die Menschheit, ob jung oder alt, doch tatsächlich in der Lage die Semantik der Dichtung ganz intuitiv zu erfassen. Heute offenbar nicht mehr! Heute muß es dem “Zeitgeist” angepaßt werden.
Ob es aber immer Geist ist, der in dieser Zeit wirkt, mag dahin gestellt bleiben.