Ein Gedenktag für die Toten – formell.
Ein Tag der Trauer – aber Trauer ist nicht formell, sondern etwas ganz Individuelles. So wie alle tiefen Gefühle individuell sind.
Denn weder Haß noch Liebe, weder Leid noch Freude, weder Glück noch Schmerz sind wirklich teilbar – nicht einmal unter den engsten Vertrauten.
Da ist der Vater, der das Grab des Kindes besucht, um mit diesem zu reden, und die Mutter, die dazu nicht in der Lage ist, weil ihr das Grab fremd ist. Wer leidet, wer trauert mehr?
Das ist keine qualitative Frage!
Es gibt keine genormte Qualität der Empfindung. Diese ist und bleibt individuell. Da ist der alte Mann, der nach einem Schlaganfall nicht mehr sprechen kann und seit Jahren bei allem auf Hilfe angewiesen ist. Seine Frau hat ihm geholfen, war für ihn da – nun ist sie tot. Die Kinder, die sich liebevoll um ihn bemühen, sind anwesend und es wird über den Inhalt der Trauerrede gesprochen. Er hört zu, nickt immer wieder, kann aber selbst nichts mehr sagen und unaufhörlich laufen Tränen über sein Gesicht.
Er ist hilflos.
Ja, Trauer ist Hilflosigkeit, für jeden, der sie empfindet. Und es ist schwer, diese zu akzeptieren. Doch die Akzeptanz ist notwendig. Denn nur mit dem, was uns bewußt ist, können wir auch bewußt umgehen – jeder auf seine Weise.
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