Lyrik ist so eine Sache: sie verschwindet aus der Welt, ein seltener Gast, der nicht mehr eingeladen wird, zu geselligen Treff’s, zu Plauderstunden. Allenfalls in Liebesbriefen findet sich zaghaft Gereimtes: oft, um ein schüchtern Herz in Schwingungen zu versetzen, in pochendes Bangen und sehnsuchtsvolles Hoffen.
Nun gut, Lyrik kann auch anders daherkommen: Georg Heym, dem Erich Mühsam “eine große Ehrlichkeit des Empfindens” bescheinigte, schrieb “Berlin” , ein Gedicht, das uns einführt in eine schwere, harte Welt, die Mensch und Natur nichts schenkte.
Beteerte Fässer rollten von den Schwellen
Der dunklen Speicher auf die hohen Kähne.
Die Schlepper zogen an. Des Rauches Mähne
Hing rußig nieder auf die öligen Wellen…..
…wir müssen unbedingt eine Brückenfahrt machen, A. war vom “Teamtag” aus Berlin zurück, schwärmte begeistert von der Fahrt auf der Spree, mit einem Dampfer der “Weißen Flotte”, den 37 Brücken, die passiert wurden und der beeindruckenden Silhouette der Hauptstadt, beiderseits des Ufers …
Die Blue Star” fuhr Samstag, 10:30 Uhr los, schipperte langsam den Landgrabenkanal hinunter, der überwölbt wird von den vielen Brücken, die Ost und West zusammenführen.
Wir saßen Oberdeck auf blauen Plastestühlen und gewannen einen Eindruck von der Größe Berlin’s, der architektonischen Vielfalt, der Baustile; die zu beschreiben Laien schwer fallen würde.
… Zwei Dampfer kamen mit Musikkapellen.
Den Schornstein kappten sie am Brückenbogen.
Rauch, Ruß, Gestank lag auf den schmutzigen Wogen
Der Gerbereien mit den braunen Fellen …
Der Stewart kam: brachte Eiskaffee und Pilsner für die Herren – die Damen hatten sich für Zitronenlimo und Weinschorle entschieden.
Wie es früher stank liegt wahrscheinlich außerhalb des Vorstellbaren: zwar hatte man den im Mittelalter noch teilweise üblichen Urin, zum Beizen der Felle und Häute, durch Kochsalz und Alaun ersetzt; was aber nicht den üblen, durchdringenden Aasgeruch abwehren konnte, der in alle Poren, Haare, unter die Nägel zog und die damit elendig Behafteten aus jeder menschlichen Gemeinschaft ausschloss.
…Nein, an diesem Samstag roch es nach blühenden Bäumen, gemähtem Gras , nach Kaffee und frisch gebackenem Kuchen – welche Lust zum Leben!
…dahintreiben auf dem Strom, der wie eine Geliebte Berlin umarmt, in einem ewigen Auf – und – Ab; Wellenkräuseln, Wellenmurmeln und im Verborgenen, der tiefe Schoss, in dem sich tagsüberdas Flussgetier verbirgt ..
Fortsetzung folgt !