Verfluchte Augenschmerzen!
Ich lege mich auf die Couch und presse mir einen feuchten Lappen auf’s Gesicht . Linderung. Geh zum Arzt, sagt A., du musst was unternehmen. Man hört da böse Sachen:grauer Star, grüner Star, letzterer führt unvermeidlich zur Blindheit.
Ich erfülle ihre Bitte, rufe in der Praxis von Frau Dr. P. an. Bekomme einen Termin: aber erst in 6 Monaten: eher geht’s leider nicht, sagt die nette Schwester.
O.K. Bis dahin halte ich ‘s aus, wozu aufregen.
Die Zeit vergeht rasch, Schmerzen sind nur sporadisch … dann kommt die Hammerdiagnose: Glaukom ( s. gleichnamige Kolumne vom 8.3.2012 ).
Ihr Augeninnendruck weist unterschiedliche Werte auf, sagt Dr. P., das kann an der unterschiedlichen Durchblutung der Halsschlagadern liegen. Sie müssen in die Neurologie.
Dank der Fürsorge meiner Hausärztin, muss ich nur eine Woche warten.
Dr. W.’s Praxis befindet sich im 2. Stock eines gediegenen Bürgerhauses, in der Bahnhofstraße. Helle, hohe Räume, Sessel aus Rattan, an der Wand Fotografien einer Marokkoreise begrüßen die Patienten – stimmen sorglos und heiter. Klar, wer schon einen Sprung hat, soll nicht noch unruhiger werden.
Ich bin der einzige Patient; ungewöhnlich, um 8.30 Uhr sagt Dr. W.: Sie glauben nicht, was hier sonst los ist. Ich liege auf der Pritsche, mein Hals wird mit Gel bestrichen, eine Sonde wandert links und rechts hoch und runter.
Minimale Durchblutungsstörungen, nichts Ernstes, die Ärztin verabschiedet sic. Erleichterung. Heute ist mein Tag.
Schwester Katja ordnet meine Unterlagen. Verdammter Papierkrieg, stöhnt sie. Sorry, ist mir wurscht. Die Tür geht auf, ein vierschrötiger Kerl betritt die Ambulanz und humpelt zum Tresen.
Mir geht’s schlecht, Schwester, ich muss zu Frau Doktor, dringend!
Katja blättert im Bestellbuch: 31. Mai. Vierschrot hüstelt heiser … bis dahin halt ich’s nicht aus, ich nehme schon laufend Tabletten, geht’s nicht eher? Katja verwandelt sich in Margaret Thatcher: kalte Stimme, eisiger Blick … Donnerstag, 9.30 Uhr, und seien Sie pünktlich!
Ihre Unterlagen Herr S. Katja ist wieder Katja: blond, schlank, selbstbewusst, ein bisschen gestresst. Ihr Lächeln tut gut.
Draußen empfängt mich ein sonniger Tag. Bald ist Ostern. Urlaub.
Auf der Bank vor der Praxis klopft sich Vierschrot die Taschen ab. Blaulicht. Ein Krankenwagen rast vorbei. Welches arme Schwein hat’s da erwischt?
Krankenhaus, Endstation, egal, was du hast. Jedes Jahr 17 000 tödliche Kunstfehler in Deutschland! Von einer Freundin der Bruder bei der Spiegelung den Darm perforiert; dem Vater einer Kollegin das falsche Bein abgenommen; frisch am Herz Operierte zum Reha – Schwimmen geschickt; nach der Magen-OP Vollkost-Mittagessen serviert …
Da lob’ ich mir den Bergdoktor.
Haste mal Feuer? Vierschrot , Zigarette im Mundwinkel, steht vor mir.
Ich verneine, rauche nicht.
Verflucht, schimpft der Humplige: heute ist wirklich nicht mein Tag, erst die doofe Schwester, dann Streichhölzer vergessen, Unsereiner hat nur Pech!
Ich schaue hoch. Schwester Katja hat das Fenster geöffnet, winkt mir zu.
Ich grinse geschmeichelt, werf’ ihr eine Kusshand zu.
Vierschrot fällt die Kinnlade runter. Ich tröste ihn: gibt solche und solche Tage, Kumpel.
Katja geht mir nicht aus dem Sinn – bis zum 31. Mai halt’ ich nicht aus, kenne mich: Kurzschluss – Behandlung …. mit ‘ner Krankenakte, geht die bestimmt nicht aus.
Humpel ist weg, hat wahrscheinlich den Bus genommen.
Nicht sein Tag. Hoffentlich erwischen sie den nicht beim Schwarzfahren.
40 Euro. Habe ich erst vorige Woche gelöhnt.
Im Fernsehen ‘die Olsenbande fährt nach Jütland’ gesehen, gedacht, das kannste auch – Pustekuchen, Zahlemann!
Hat sich noch über meine Ausreden amüsiert der Sheriff:
Sie können auch in Raten zahlen !
40 Euro …
2 x Eis und Kaffee bei Bäcker ‘Dreißig’, anschließend noch ‘ne romantische Kahnfahrt – mit Katja. Ne, nicht nach Jütland, ich heiße ja nicht Egon.
Aber so entspannt von Burg nach Lehde … vielleicht treffe ich ja unterwegs Silke und Peter von nebenan.