Am kommenden Montag (28.02.2022) in den Morgenstunden soll von Esrange in Kiruna, einem Startfeld in Schweden, ein BTU-Experiment mit einer Höhenforschungsrakete ins Weltall starten. Bis zu 250 Kilometer hoch fliegt sie und wird wenige Stunden später wieder mittels Fallschirm auf der Erde in der Nähe des Startplatzes landen. Nach bisher zwölf erfolgreichen Experimentkampagnen zur thermoelektrischen Konvektion im freien Fall bei Parabelflug-Missionen in Frankreich ist dies nun die erste Mission in einer Höhenflugrakete. Ziel der Wissenschaftler um Prof. Christoph Egbers ist die Untersuchung des Wärme- und Stofftransports in einer Flüssigkeit unter Weltraumbedingungen. Mit den Erkenntnissen lassen sich beispielsweise Wärmetauscher in Kühlsystemen oder Satelliten optimieren.
Vier Experimente fliegen mit
Als eines von vier deutschen Teams begannen die Wissenschaftler Dr. Martin Meier und Dr. Vasyl Motuz gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Christoph Egbers am Sonntag, 13. Februar 2022, ihre Reise von Bremen nach Nordschweden, Kiruna. Dort begleiten die Forscher den Start einer Höhenforschungsrakete, die im Rahmen des Wissenschaftsprogramms TEXUS (Technologische Experimente unter Schwerelosigkeit) biologische, materialwissenschaftliche und physikalische Untersuchungen unter Weltraumbedingungen ermöglicht. An Bord ist neben drei weiteren Experimenten aus der physikalisch-chemischen und biologischen Forschung in diesem Jahr ein Modul des BTU-Projektes „TEKUS – thermoelektrische Konvektion unter Schwerelosigkeit“. Im Fokus des Vorhabens steht die thermische Konvektion in einer Zylinderspaltgeometrie unter dem Einfluss eines elektrischen Zentralkraftfeldes. Während die Untersuchungen auf der Erde durch schwerkraftgetriebene Strömungsbewegungen überlagert werden, können die Wissenschaftler die Effekte unter Schwerelosigkeit ohne diesen Einfluss beobachten und mit Computermodellen vergleichen.
Bei derzeit -26 Grad Celsius Außentemperatur in Nordschweden und sehr trockener Luft arbeitet das BTU-Team an den Startvorbereitungen. Prof. Christoph Egbers, Inhaber des Lehrstuhls Aerodynamik und Strömungsforschung an der BTU Cottbus-Senftenberg, ist stolz auf das Experiment und sagt: „Während des Raketenfluges können unsere thermoelektrischen Strömungsexperimente in einem etwa 18-fach längeren Zeitraum in annähernder Schwerelosigkeit stattfinden, als die Parabelflüge es ermöglichen. Damit erhöht sich die Qualität der Versuchsergebnisse deutlich. Die Möglichkeit, dass unser Experiment als eines von vier Versuchsaufbauten mitfliegt, ist für unsere Forschungen sehr bedeutend. Mit einer Kombination von zwei optischen Messtechniken, der Shadowgraph- und der Particle Image Velocimetry (PIV)-Messtechnik, können wir das Strömungsfeld sichtbar machen und charakterisieren.“
Die BTU-Experimente TEXUS werden vom Deutschen Luft- und Raumfahrzentrum (DLR) gefördert.
Der Start in den Morgenstunden des 28. Februar 2022 wird als Livestream bei Youtube übertragen, ein Link ist noch nicht vorhanden.
Über das Experiment
Im Rahmen des Projektes „TEKUS“ wird der Einfluss eines elektrohydrodynamischen Kraftfeldes auf den Wärme- und Stofftransport in einem Zylinderspalt untersucht. Der Zylinderspalt entsteht zwischen zwei ineinander gestellten, senkrechten Rohren und ist oben und unten durch Deckel- und Bodenplatte begrenzt. Der Spalt ist mit einem elektrisch nichtleitenden Öl gefüllt. Während das innere Rohr beheizt wird, wird das äußere Rohr von außen gekühlt. Der Temperaturunterschied führt zu einer Grundströmung. Erhöht sich der Temperaturunterschied, nimmt die Grundströmung neue Formen an, der Wärmetransport zwischen Innen- und Außenrohr ist verstärkt. Wenn auf dieses System nun ein Kraftfeld in Form einer angelegten Wechselspannung wirkt, entsteht eine elektrohydro-dynamische Kraftwirkung. Unter Erdbedingungen stört dieses künstliche Kraftfeld die Stabilität der Auftriebsströmung und kann den Wärmetransport verstärken.
Unter Mikrogravitationsbedingungen, wie sie beispielsweise im Parabelflug auftreten, wird die Auftriebsströmung jedoch vernachlässigbar klein. Das durch die Hochspannung aufgebaute Kraftfeld ist dann allein ausschlaggebend für das Entstehen von Strömungen im Zylinderspalt, die vielfältige Formen bis zu turbulenten Strömungen annehmen können. Diese Strömungsformen – und damit auch der Wärmetransport zwischen Innen- und Außenrohr – können mit der Höhe der elektrischen Spannung kontrolliert werden.
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Red. / Presseinformation
Fotos: ©BTU/LS Strömungsforschung