Es hat eine kleine Weile gedauert, aber hier ist nun der achte Teil der Serie. Nach dem Exkurs des letzten Teils widmet sich die Arbeit nun dem Strukturwandel.
Seit der Kohlekrise 1957/58 zeichnete sich ab, dass das Revier den Anschluss an moderne Entwicklungen verpasst hatte und zum Altindustrieraum geworden war (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.7). Die veraltete Montanindustrie hatte die Region nicht allein in ökonomische Probleme gestürzt (vgl. Schlieper 1986, S.184). Im strukturellen Wandel mussten auch ökogische, soziale, räumliche und kulturelle Hürden genommen werden. Die Behebung der „Altlasten“ umfasste ein komplexes Aufgabenspektrum von „Wirtschaftsförderung, Stadterneuerung, ökologische[r] Sanierung [und] Freiraumentwicklung“ (Boldt, Gelhar 2008, S.7).
Mitte der 60er Jahre wurde mit dem Ausspruch „Blauer Himmel über der Ruhr“ unter der Führung von Willy Brandt ein wichtiger Meilenstein für das Umdenken in der Region gesetzt (vgl. Butzin, Pahs, Prey). Verschiedenen Förder-, Fach- und Aktionsprogramme wurden ins Leben gerufen, um gegen die Strukturkrise vorzugehen (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.72). Die Übersicht in Abbildung 5 zeigt die unterschiedlichen Strukturprogramme und –maßnahmen bis ins 21. Jahrhundert.
1.6. Bildungsblockade
Bedeutend war die Überwindung der Bildungsblockade durch das erste Förderprogramme Entwicklungsprogramm Ruhr (1968 – 1973). Bis zur Eröffnung der Ruhruniversität 1964 in Bochum gab es „noch keine Universität, von der […] [innovative] Impulse auf die Wirtschaftsstruktur“ ausgingen (Schlieper 1986, S.184). Bis dahin wurde während der Blütezeiten der Montanindustrie der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften meistens durch das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte gedeckt. Dieser Vorgang wurde über etwa drei Generationen aufrechterhalten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Doch Anfang der 60er Jahre machten sich die bildungspolitischen Defizite im Ruhrgebiet bemerkbar. Der Engpass an fehlenden Universitäten und Hochschulen sowie das gesamte Qualifikationsniveau musste gesteigert werden. Es gelang in das Bewusstsein, dass die Qualifikation der Arbeitnehmer eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Reviers war (vgl. Schlieper 1986, S.184ff.). Die Eröffnung der Ruhruniversität 1964 war ein entscheidender Schritt bei der Überwindung der Bildungsblockade. Die Hochschul- und Forschungslandschaft der Region wurde in den kommenden Jahren weiter ausgebaut: vier weitere Universitäten und Gesamthochschulen folgten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
1.7. Dichtepostulat und Flächensanierungswahn
Unter dem Programmziel „Siedlungsschwerpunkte“ des Entwicklungsprogramms Ruhr wurde eine integrierte Stadtentwicklungsplanung verfolgt. Der Nachholbedarf an Freizeit- und Erholungseinrichtungen, kulturellen Attraktionen und städtischen Funktionen war infolge des geschichtlichen Werdegangs und des Bevölkerungswachstums nicht mehr von sich zu weisen. Es wurde versucht diese Defizite auszugleichen, um die gesellschaftliche und soziale Situation zu verbessern.
Die Verbesserung der Infrastruktur (Ausbau von Schnellstraßen und dichte Vernetzung des öffentlichen Personennahverkehrs) hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Typisch für den modernen Sozialen Wohnungsbau war die gute Ankopplung an das Nahverkehrsnetz (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Die infrastrukturelle „Verdichtung sollte Urbanität bringen“ (Boldt, Gelhar 2008, S.61). Doch anstelle von Wirtschaftszentren bildeten mehrstöckige Großwohnanlagen den Mittelpunkt der „City“ (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.61). Neben der Stadterneuerung und Modernisierung entstanden durch den Abriss von alten und funktionslosen Industrieanlagen sowie Kolonien Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre große Brachflächen. Das Dichtepostulat und der Flächensanierungswahn sollte das mit der Industrialisierung zusammengewachsene kompakte Stadtbild auflösen.
Abrissfördernde Motive waren sinkende Mitarbeiterzahlen, Schließungen von Produktionsstandorten, gestiegene Mobilität, ausreichende Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt, höhere Wohnqualitätsansprüche (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). „Bis Ende der 1960er Jahre war mehr als die Hälfte der Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets flächensaniert“ (Boldt, Gelhar 2008, S.62). Es wurde genau das zerstört, womit sich die Menschen früher identifizierten. Dennoch wehrte sich die Bevölkerung gegen den „verordneten“, anonymen, uniformen, sterilen, neuen Lebensstil. (Boldt, Gelhar 2008, S.62). 1968/60 gab es erste Initiativen von einer kleinen Gruppe von Künstlern, Architekten und Museumsleuten, die sich für den Erhalt technischer Industriebauten der Früh- und Hochindustrialisierung einsetzten. Daraus folgte „die Gründung von speziellen Referaten für technische Denkmalpflege bei den Landesdenkmalämtern in Bonn und Münster“ 1973 (Parent 2005, S.40). Der städtebauliche Leitbildwechsel zur „erhaltenden Stadtsanierung“ wurde offiziell anerkannt (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). Der Diskurs „um den kulturhistorischen Wert von Industrieobjekten im weiteren Sinne hatte noch nicht begonnen“, dennoch deutet sich hier schon ein industriekultureller Perspektivenwandel an (Boldt, Gelhar 2008, S.62).
Es hat eine kleine Weile gedauert, aber hier ist nun der achte Teil der Serie. Nach dem Exkurs des letzten Teils widmet sich die Arbeit nun dem Strukturwandel.
Seit der Kohlekrise 1957/58 zeichnete sich ab, dass das Revier den Anschluss an moderne Entwicklungen verpasst hatte und zum Altindustrieraum geworden war (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.7). Die veraltete Montanindustrie hatte die Region nicht allein in ökonomische Probleme gestürzt (vgl. Schlieper 1986, S.184). Im strukturellen Wandel mussten auch ökogische, soziale, räumliche und kulturelle Hürden genommen werden. Die Behebung der „Altlasten“ umfasste ein komplexes Aufgabenspektrum von „Wirtschaftsförderung, Stadterneuerung, ökologische[r] Sanierung [und] Freiraumentwicklung“ (Boldt, Gelhar 2008, S.7).
Mitte der 60er Jahre wurde mit dem Ausspruch „Blauer Himmel über der Ruhr“ unter der Führung von Willy Brandt ein wichtiger Meilenstein für das Umdenken in der Region gesetzt (vgl. Butzin, Pahs, Prey). Verschiedenen Förder-, Fach- und Aktionsprogramme wurden ins Leben gerufen, um gegen die Strukturkrise vorzugehen (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.72). Die Übersicht in Abbildung 5 zeigt die unterschiedlichen Strukturprogramme und –maßnahmen bis ins 21. Jahrhundert.
1.6. Bildungsblockade
Bedeutend war die Überwindung der Bildungsblockade durch das erste Förderprogramme Entwicklungsprogramm Ruhr (1968 – 1973). Bis zur Eröffnung der Ruhruniversität 1964 in Bochum gab es „noch keine Universität, von der […] [innovative] Impulse auf die Wirtschaftsstruktur“ ausgingen (Schlieper 1986, S.184). Bis dahin wurde während der Blütezeiten der Montanindustrie der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften meistens durch das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte gedeckt. Dieser Vorgang wurde über etwa drei Generationen aufrechterhalten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Doch Anfang der 60er Jahre machten sich die bildungspolitischen Defizite im Ruhrgebiet bemerkbar. Der Engpass an fehlenden Universitäten und Hochschulen sowie das gesamte Qualifikationsniveau musste gesteigert werden. Es gelang in das Bewusstsein, dass die Qualifikation der Arbeitnehmer eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Reviers war (vgl. Schlieper 1986, S.184ff.). Die Eröffnung der Ruhruniversität 1964 war ein entscheidender Schritt bei der Überwindung der Bildungsblockade. Die Hochschul- und Forschungslandschaft der Region wurde in den kommenden Jahren weiter ausgebaut: vier weitere Universitäten und Gesamthochschulen folgten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
1.7. Dichtepostulat und Flächensanierungswahn
Unter dem Programmziel „Siedlungsschwerpunkte“ des Entwicklungsprogramms Ruhr wurde eine integrierte Stadtentwicklungsplanung verfolgt. Der Nachholbedarf an Freizeit- und Erholungseinrichtungen, kulturellen Attraktionen und städtischen Funktionen war infolge des geschichtlichen Werdegangs und des Bevölkerungswachstums nicht mehr von sich zu weisen. Es wurde versucht diese Defizite auszugleichen, um die gesellschaftliche und soziale Situation zu verbessern.
Die Verbesserung der Infrastruktur (Ausbau von Schnellstraßen und dichte Vernetzung des öffentlichen Personennahverkehrs) hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Typisch für den modernen Sozialen Wohnungsbau war die gute Ankopplung an das Nahverkehrsnetz (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Die infrastrukturelle „Verdichtung sollte Urbanität bringen“ (Boldt, Gelhar 2008, S.61). Doch anstelle von Wirtschaftszentren bildeten mehrstöckige Großwohnanlagen den Mittelpunkt der „City“ (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.61). Neben der Stadterneuerung und Modernisierung entstanden durch den Abriss von alten und funktionslosen Industrieanlagen sowie Kolonien Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre große Brachflächen. Das Dichtepostulat und der Flächensanierungswahn sollte das mit der Industrialisierung zusammengewachsene kompakte Stadtbild auflösen.
Abrissfördernde Motive waren sinkende Mitarbeiterzahlen, Schließungen von Produktionsstandorten, gestiegene Mobilität, ausreichende Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt, höhere Wohnqualitätsansprüche (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). „Bis Ende der 1960er Jahre war mehr als die Hälfte der Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets flächensaniert“ (Boldt, Gelhar 2008, S.62). Es wurde genau das zerstört, womit sich die Menschen früher identifizierten. Dennoch wehrte sich die Bevölkerung gegen den „verordneten“, anonymen, uniformen, sterilen, neuen Lebensstil. (Boldt, Gelhar 2008, S.62). 1968/60 gab es erste Initiativen von einer kleinen Gruppe von Künstlern, Architekten und Museumsleuten, die sich für den Erhalt technischer Industriebauten der Früh- und Hochindustrialisierung einsetzten. Daraus folgte „die Gründung von speziellen Referaten für technische Denkmalpflege bei den Landesdenkmalämtern in Bonn und Münster“ 1973 (Parent 2005, S.40). Der städtebauliche Leitbildwechsel zur „erhaltenden Stadtsanierung“ wurde offiziell anerkannt (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). Der Diskurs „um den kulturhistorischen Wert von Industrieobjekten im weiteren Sinne hatte noch nicht begonnen“, dennoch deutet sich hier schon ein industriekultureller Perspektivenwandel an (Boldt, Gelhar 2008, S.62).
Es hat eine kleine Weile gedauert, aber hier ist nun der achte Teil der Serie. Nach dem Exkurs des letzten Teils widmet sich die Arbeit nun dem Strukturwandel.
Seit der Kohlekrise 1957/58 zeichnete sich ab, dass das Revier den Anschluss an moderne Entwicklungen verpasst hatte und zum Altindustrieraum geworden war (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.7). Die veraltete Montanindustrie hatte die Region nicht allein in ökonomische Probleme gestürzt (vgl. Schlieper 1986, S.184). Im strukturellen Wandel mussten auch ökogische, soziale, räumliche und kulturelle Hürden genommen werden. Die Behebung der „Altlasten“ umfasste ein komplexes Aufgabenspektrum von „Wirtschaftsförderung, Stadterneuerung, ökologische[r] Sanierung [und] Freiraumentwicklung“ (Boldt, Gelhar 2008, S.7).
Mitte der 60er Jahre wurde mit dem Ausspruch „Blauer Himmel über der Ruhr“ unter der Führung von Willy Brandt ein wichtiger Meilenstein für das Umdenken in der Region gesetzt (vgl. Butzin, Pahs, Prey). Verschiedenen Förder-, Fach- und Aktionsprogramme wurden ins Leben gerufen, um gegen die Strukturkrise vorzugehen (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.72). Die Übersicht in Abbildung 5 zeigt die unterschiedlichen Strukturprogramme und –maßnahmen bis ins 21. Jahrhundert.
1.6. Bildungsblockade
Bedeutend war die Überwindung der Bildungsblockade durch das erste Förderprogramme Entwicklungsprogramm Ruhr (1968 – 1973). Bis zur Eröffnung der Ruhruniversität 1964 in Bochum gab es „noch keine Universität, von der […] [innovative] Impulse auf die Wirtschaftsstruktur“ ausgingen (Schlieper 1986, S.184). Bis dahin wurde während der Blütezeiten der Montanindustrie der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften meistens durch das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte gedeckt. Dieser Vorgang wurde über etwa drei Generationen aufrechterhalten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Doch Anfang der 60er Jahre machten sich die bildungspolitischen Defizite im Ruhrgebiet bemerkbar. Der Engpass an fehlenden Universitäten und Hochschulen sowie das gesamte Qualifikationsniveau musste gesteigert werden. Es gelang in das Bewusstsein, dass die Qualifikation der Arbeitnehmer eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Reviers war (vgl. Schlieper 1986, S.184ff.). Die Eröffnung der Ruhruniversität 1964 war ein entscheidender Schritt bei der Überwindung der Bildungsblockade. Die Hochschul- und Forschungslandschaft der Region wurde in den kommenden Jahren weiter ausgebaut: vier weitere Universitäten und Gesamthochschulen folgten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
1.7. Dichtepostulat und Flächensanierungswahn
Unter dem Programmziel „Siedlungsschwerpunkte“ des Entwicklungsprogramms Ruhr wurde eine integrierte Stadtentwicklungsplanung verfolgt. Der Nachholbedarf an Freizeit- und Erholungseinrichtungen, kulturellen Attraktionen und städtischen Funktionen war infolge des geschichtlichen Werdegangs und des Bevölkerungswachstums nicht mehr von sich zu weisen. Es wurde versucht diese Defizite auszugleichen, um die gesellschaftliche und soziale Situation zu verbessern.
Die Verbesserung der Infrastruktur (Ausbau von Schnellstraßen und dichte Vernetzung des öffentlichen Personennahverkehrs) hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Typisch für den modernen Sozialen Wohnungsbau war die gute Ankopplung an das Nahverkehrsnetz (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Die infrastrukturelle „Verdichtung sollte Urbanität bringen“ (Boldt, Gelhar 2008, S.61). Doch anstelle von Wirtschaftszentren bildeten mehrstöckige Großwohnanlagen den Mittelpunkt der „City“ (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.61). Neben der Stadterneuerung und Modernisierung entstanden durch den Abriss von alten und funktionslosen Industrieanlagen sowie Kolonien Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre große Brachflächen. Das Dichtepostulat und der Flächensanierungswahn sollte das mit der Industrialisierung zusammengewachsene kompakte Stadtbild auflösen.
Abrissfördernde Motive waren sinkende Mitarbeiterzahlen, Schließungen von Produktionsstandorten, gestiegene Mobilität, ausreichende Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt, höhere Wohnqualitätsansprüche (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). „Bis Ende der 1960er Jahre war mehr als die Hälfte der Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets flächensaniert“ (Boldt, Gelhar 2008, S.62). Es wurde genau das zerstört, womit sich die Menschen früher identifizierten. Dennoch wehrte sich die Bevölkerung gegen den „verordneten“, anonymen, uniformen, sterilen, neuen Lebensstil. (Boldt, Gelhar 2008, S.62). 1968/60 gab es erste Initiativen von einer kleinen Gruppe von Künstlern, Architekten und Museumsleuten, die sich für den Erhalt technischer Industriebauten der Früh- und Hochindustrialisierung einsetzten. Daraus folgte „die Gründung von speziellen Referaten für technische Denkmalpflege bei den Landesdenkmalämtern in Bonn und Münster“ 1973 (Parent 2005, S.40). Der städtebauliche Leitbildwechsel zur „erhaltenden Stadtsanierung“ wurde offiziell anerkannt (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). Der Diskurs „um den kulturhistorischen Wert von Industrieobjekten im weiteren Sinne hatte noch nicht begonnen“, dennoch deutet sich hier schon ein industriekultureller Perspektivenwandel an (Boldt, Gelhar 2008, S.62).
Es hat eine kleine Weile gedauert, aber hier ist nun der achte Teil der Serie. Nach dem Exkurs des letzten Teils widmet sich die Arbeit nun dem Strukturwandel.
Seit der Kohlekrise 1957/58 zeichnete sich ab, dass das Revier den Anschluss an moderne Entwicklungen verpasst hatte und zum Altindustrieraum geworden war (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.7). Die veraltete Montanindustrie hatte die Region nicht allein in ökonomische Probleme gestürzt (vgl. Schlieper 1986, S.184). Im strukturellen Wandel mussten auch ökogische, soziale, räumliche und kulturelle Hürden genommen werden. Die Behebung der „Altlasten“ umfasste ein komplexes Aufgabenspektrum von „Wirtschaftsförderung, Stadterneuerung, ökologische[r] Sanierung [und] Freiraumentwicklung“ (Boldt, Gelhar 2008, S.7).
Mitte der 60er Jahre wurde mit dem Ausspruch „Blauer Himmel über der Ruhr“ unter der Führung von Willy Brandt ein wichtiger Meilenstein für das Umdenken in der Region gesetzt (vgl. Butzin, Pahs, Prey). Verschiedenen Förder-, Fach- und Aktionsprogramme wurden ins Leben gerufen, um gegen die Strukturkrise vorzugehen (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.72). Die Übersicht in Abbildung 5 zeigt die unterschiedlichen Strukturprogramme und –maßnahmen bis ins 21. Jahrhundert.
1.6. Bildungsblockade
Bedeutend war die Überwindung der Bildungsblockade durch das erste Förderprogramme Entwicklungsprogramm Ruhr (1968 – 1973). Bis zur Eröffnung der Ruhruniversität 1964 in Bochum gab es „noch keine Universität, von der […] [innovative] Impulse auf die Wirtschaftsstruktur“ ausgingen (Schlieper 1986, S.184). Bis dahin wurde während der Blütezeiten der Montanindustrie der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften meistens durch das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte gedeckt. Dieser Vorgang wurde über etwa drei Generationen aufrechterhalten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Doch Anfang der 60er Jahre machten sich die bildungspolitischen Defizite im Ruhrgebiet bemerkbar. Der Engpass an fehlenden Universitäten und Hochschulen sowie das gesamte Qualifikationsniveau musste gesteigert werden. Es gelang in das Bewusstsein, dass die Qualifikation der Arbeitnehmer eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Reviers war (vgl. Schlieper 1986, S.184ff.). Die Eröffnung der Ruhruniversität 1964 war ein entscheidender Schritt bei der Überwindung der Bildungsblockade. Die Hochschul- und Forschungslandschaft der Region wurde in den kommenden Jahren weiter ausgebaut: vier weitere Universitäten und Gesamthochschulen folgten (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
1.7. Dichtepostulat und Flächensanierungswahn
Unter dem Programmziel „Siedlungsschwerpunkte“ des Entwicklungsprogramms Ruhr wurde eine integrierte Stadtentwicklungsplanung verfolgt. Der Nachholbedarf an Freizeit- und Erholungseinrichtungen, kulturellen Attraktionen und städtischen Funktionen war infolge des geschichtlichen Werdegangs und des Bevölkerungswachstums nicht mehr von sich zu weisen. Es wurde versucht diese Defizite auszugleichen, um die gesellschaftliche und soziale Situation zu verbessern.
Die Verbesserung der Infrastruktur (Ausbau von Schnellstraßen und dichte Vernetzung des öffentlichen Personennahverkehrs) hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Typisch für den modernen Sozialen Wohnungsbau war die gute Ankopplung an das Nahverkehrsnetz (vgl. Butzin, Pahs, Prey).
Die infrastrukturelle „Verdichtung sollte Urbanität bringen“ (Boldt, Gelhar 2008, S.61). Doch anstelle von Wirtschaftszentren bildeten mehrstöckige Großwohnanlagen den Mittelpunkt der „City“ (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.61). Neben der Stadterneuerung und Modernisierung entstanden durch den Abriss von alten und funktionslosen Industrieanlagen sowie Kolonien Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre große Brachflächen. Das Dichtepostulat und der Flächensanierungswahn sollte das mit der Industrialisierung zusammengewachsene kompakte Stadtbild auflösen.
Abrissfördernde Motive waren sinkende Mitarbeiterzahlen, Schließungen von Produktionsstandorten, gestiegene Mobilität, ausreichende Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt, höhere Wohnqualitätsansprüche (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). „Bis Ende der 1960er Jahre war mehr als die Hälfte der Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets flächensaniert“ (Boldt, Gelhar 2008, S.62). Es wurde genau das zerstört, womit sich die Menschen früher identifizierten. Dennoch wehrte sich die Bevölkerung gegen den „verordneten“, anonymen, uniformen, sterilen, neuen Lebensstil. (Boldt, Gelhar 2008, S.62). 1968/60 gab es erste Initiativen von einer kleinen Gruppe von Künstlern, Architekten und Museumsleuten, die sich für den Erhalt technischer Industriebauten der Früh- und Hochindustrialisierung einsetzten. Daraus folgte „die Gründung von speziellen Referaten für technische Denkmalpflege bei den Landesdenkmalämtern in Bonn und Münster“ 1973 (Parent 2005, S.40). Der städtebauliche Leitbildwechsel zur „erhaltenden Stadtsanierung“ wurde offiziell anerkannt (vgl. Boldt, Gelhar 2008, S.62). Der Diskurs „um den kulturhistorischen Wert von Industrieobjekten im weiteren Sinne hatte noch nicht begonnen“, dennoch deutet sich hier schon ein industriekultureller Perspektivenwandel an (Boldt, Gelhar 2008, S.62).